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Thomas Jenewein, Business Development Manager bei SAP, erklärt im Interview, wie der Softwarekonzern seine Mitarbeiter im Umgang mit KI schult und warum erfahrungsbasiertes Lernen der Schlüssel zum Erfolg ist.

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Die Nutzung von KI in Arbeits- und Lernumgebungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Neben Chancen gibt es auch Herausforderungen, wie beispielsweise die Etablierung der Technologie bei den Mitarbeiter:innen und das Berücksichtigen regulativer Bestimmungen wie beispielsweise der EU AI ACT, der Unternehmen verpflichtet, die KI-Kompetenz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen.

Dr. Wolfgang König interviewte im Rahmen von „KI-Humanitas: Enabling AI-Skills“ Thomas Jenewein, Business Development Manager bei SAP. Er verantwortet dort das Business Development für Schulungen, Training, Adoption Services und den EducationNewsCast-Podcast.

The Decoder: Herr Jenewein. Was sind die drei wichtigsten Key-Learnings aus Ihrer Sicht beim Thema Arbeiten und Lernen mit KI?

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Thomas Jenewein: Aus dem Stegreif würde ich sagen, das muss jeder selbst erleben. Ich habe am meisten durch die eigene Anwendung gelernt. Die Technologie ändert sich ständig, neuerdings gibt es beim Anbieter Perplexity die Möglichkeit mit DeepSeek und den KI-Reasoning-Modellen zu arbeiten. Die größte Veränderung in der Arbeit ist, dass ich nicht notwendigerweise alles schneller erledige, sondern einige Aufgaben zusätzlich übernehme, wie zum Beispiel die Zusammenfassung von Podcasts. Weniger zu arbeiten und mehr Freizeit zu haben, tritt also nicht ein. Die Qualität und der Output der zu erledigen Arbeit steigen. Und meine Kreativität – denn auf viele Ideen würde ich gar nicht kommen.

The Decoder: Wird bei SAP bereits Künstliche Intelligenz eingesetzt?

Thomas Jenewein: Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung von KI-Produkten, also Embedded AI, einem eigenen Chatbot und einer technischen Plattform, die KI als Teil unseres ERP-Systems integriert und erweitert. Das ist sicherlich unser größtes Potenzial. Natürlich nutzen, ich schätze, etwa 70 % unserer Entwickler den GitHub Copiloten, um ihre Arbeit zu verbessern bzw. produktiver zu arbeiten. Wir haben auch einen Bereich namens AI-Launchpad, wo etwa 30 Sprachmodelle zur Verfügung stehen, die sowohl von Entwicklern als auch von Mitarbeitern genutzt werden können. Dabei beginnt jeder in seiner jeweiligen Jobfunktion zu experimentieren und zu sehen, ob er dadurch effektiver und produktiver wird.

Ich selbst setze KI als Wissensarbeiter ein, zum Beispiel den MS Copiloten, Claude und alle möglichen Sprachmodelle für die Podcastproduktion. Diese gehören zu den Aufgabengebieten meiner Tätigkeit im Business Development, insbesondere beim Aufbau einer externen Community. Ich verwende sie dort, wo es sinnvoll ist, beispielsweise bei Übersetzungen, Transkriptionen, zur Vorbereitung, Nachbereitung und Zusammenfassung, sowie beim Verfassen von Texten wie Blogs. Informieren & recherchieren ist ebenfalls ein großes Thema, auch hier setze ich natürlich AI Tools wie Perplexity ein, selbstverständlich.

The Decoder: Wie genau ertüchtigt SAP die Mitarbeiter?

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Thomas Jenewein: Wir haben verschiedene Bildungsinitiativen und -programme, die darauf ausgerichtet sind, das Verständnis und die Anwendung von KI zu fördern. Das reicht von Online-Kursen und Workshops bis hin zu internen Fortbildungen, die speziell darauf abzielen, unsere Mitarbeiter mit den neuesten KI-Technologien und -Praktiken vertraut zu machen. Das Ziel ist, eine breite Basis von KI-Kompetenzen aufzubauen, die es SAP ermöglichen, als führendes Technologieunternehmen an der Spitze der Innovation zu bleiben. Es gibt je nach Jobfunktion unterschiedliche Ansätze.

Bekannt ist vielleicht das Format der Promptathon Sessions, die zwei Stunden dauern und sehr gut angenommen werden. Hier haben bereits Tausende von Mitarbeitern hands-on den Umgang mit KI Tools gelernt. Bei Entwicklern sieht es natürlich anders aus, hier gibt es spezielle Schulungen, insbesondere für den GitHub Copiloten. Untersuchungen zeigen, dass der Produktivitätsgewinn für Entwickler am größten ist. Dann folgen Bereiche wie Technical Writing und Marketing. Es gibt einige formelle Schulungen, aber auch viele informelle Lernmöglichkeiten. So bin ich Mitglied in zwei Innovatoren-Communities, zum Beispiel der Experience Garage, wo regelmäßig Sessions wie etwa zu Ethik oder neuen Technologien wie der Agentic AI stattfinden. Diese dienen als Netzwerkveranstaltungen und bieten kurze Impulse. Eine spezielle AI-Community gibt es ebenfalls.

Ich betrachte mich selbst als einen „Champion“ in unserer KI-Community, insbesondere im Bereich der Nutzung und Förderung von KI innerhalb unserer Organisation, etwa in der Verwendung des MS Copiloten. Es ist entscheidend, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, mit KI zu experimentieren und zu lernen, wie sie am besten in seinen Arbeitsalltag integriert werden kann. Das reicht von der Entwicklung neuer Produkte bis hin zur Verbesserung der alltäglichen Arbeitsprozesse.

The Decoder: Das klingt nach einer umfassenden Strategie, um mit den aktuellen Trends in der Technologie Schritt zu halten.

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Thomas Jenewein: Es ist für uns wichtig, dass alle Mitarbeiter Zugang zu den notwendigen Ressourcen und Schulungen haben, um sicherzustellen, dass sie nicht nur die KI-Technologie verstehen, sondern auch effektiv in ihren jeweiligen Rollen einsetzen können.

The Decoder: Wie geht SAP mit dem EU AI Act bzw. der KI-VO um?

Thomas Jenewein: Bei SAP haben wir ein umfassendes Responsible ai Framework entwickelt, das sicherstellt, dass unsere KI-Anwendungen verantwortungsbewusst gestaltet und implementiert werden. Neben Compliance und Security ist dabei auch AI Ethik sehr relevant. So wurde z.B. ein sehr strukturierter Prozess etabliert, der durch unser Ethik-Assessment und ein spezialisiertes Gremium unterstützt wird. Dieses Gremium bewertet Fälle, insbesondere sogenannte "Red Light" Use Cases, die möglicherweise kritische ethische Bedenken aufwerfen, wie zum Beispiel die Verarbeitung personenbezogener Daten ohne menschliches Eingreifen. Das Ziel ist es, sicherzustellen, dass alle KI-Anwendungen transparent, nachvollziehbar und im Einklang mit den festgelegten ethischen Standards funktionieren. Darüber hinaus ist SAP in der Anwendung von KI und maschinellem Lernen sehr erfahren. So wurden unser Ethikregulativ kürzlich an die Richtlinien der UNESCO angepasst, was nur minimale Anpassungen erforderte, da wir bereits hohe Standards in unseren Prozessen verankert haben.

The Decoder: Wie sieht es eigentlich mit der Akzeptanz der KI-Technologien aus? Gibt es Widerstände oder Herausforderungen, die Sie überwinden müssen?

Thomas Jenewein: Natürlich gibt es immer Herausforderungen bei der Einführung neuer Technologien, besonders bei solch disruptiven wie KI. Ob Angst vor Job oder Relevanzverlust oder Unsicherheit bzgl. dem Umgang mit KI. Neudeutsch kann man das Thema auch unter AI Adoption beschreiben. Change Management, Befähigung, technischer Support und ein humanzentrierter Ansatz sind elementar.

The Decoder: Was ist aus Ihrer Sicht abschließend das Wichtigste beim Thema Arbeiten und Lernen mit KI?

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Thomas Jenewein: Das Thema, das wir schon lange verfechten, ist das erfahrungsbasierte Lernen. KI ist ein Werkzeug, und wie jedes Werkzeug ist es oft generisch. Die wirkliche Herausforderung liegt darin, deine Arbeit zu transformieren: zu erkunden, was sich ändern kann, was du mehr oder weniger tun solltest. Ich bin überzeugt, dass dies nur durch erfahrungsbasiertes und experimentelles Lernen erreicht werden kann. Natürlich gibt es globale Anwendungsfälle, wie die Softwareentwicklung, die bei uns einen großen Hebel darstellen. Aber als Wissensarbeiter, wo Kreativität gefordert ist, muss jeder selbst herausfinden, was funktioniert. Der Austausch mit anderen ist dabei unerlässlich. Das ist nichts Neues; wir betonen dies schon immer in der Corporate Learning Community, aber jetzt ist es wichtiger denn je.

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Dr. Wolfgang König

Dr. Wolfgang König ist offizielle LinkedIn-TOP-VOICE und KI-Learning-Pionier. Er arbeitet beim Bildungswerk der Wirtschaft (BdW gGmbH) und entwickelt u.a. im BMBF-Projekt Netzwerk Q 4.0 didaktische Konzepte für den Umgang mit KI in der Aus- und Weiterbildung.

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