Der ehemalige OpenAI-Chefwissenschaftler Ilya Sutskever hat mit Safe Superintelligence ein KI-Unternehmen gegründet, das bereits mit 32 Milliarden US-Dollar bewertet wird – ohne ein einziges Produkt.
Ilya Sutskever, Mitgründer und langjähriger Chief Scientist von OpenAI, hat für sein neues KI-Start-up Safe Superintelligence Inc. (SSI) laut der Financial Times eine Finanzierung in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar gesichert. Das Unternehmen wird damit mit 32 Milliarden US-Dollar bewertet – obwohl es noch kein Produkt veröffentlicht hat. Sutskever gründete SSI im Juni 2024 gemeinsam mit Daniel Gross, ehemals Leiter der KI-Entwicklung bei Apple, und dem KI-Forscher Daniel Levy. Das Start-up unterhält Büros in Palo Alto und Tel Aviv.
Das Ende der bisher bekannten Skalierung und ein "neuer Berg"
SSI will KI-Modelle entwickeln, die deutlich leistungsfähiger und intelligenter sind als aktuelle Spitzentechnologien von OpenAI, Anthropic oder Google. Sutskever sprach gegenüber der Financial Times im letzten Jahr davon, ein neues Ziel anzuvisieren, das sich von seinen früheren Arbeiten unterscheidet.
Ende letzten Jahres sagte Sutskever "Peak Data" vorher und dass die KI-Branche wieder in ein "Zeitalter der Entdeckungen" übergehen müsse. Es sei wichtig, "die richtigen Dinge" zu skalieren. Sutskever deutete auch an, dass er sich intensiv mit agentenbasierter KI beschäftigt.
Drei mit dem Unternehmen vertraute Personen berichten, dass SSI an neuartigen Wegen zur Entwicklung und Skalierung von KI-Modellen arbeitet. Ziel sei es, die Fähigkeiten großer Sprachmodelle über die bloße Datenverarbeitung hinaus in Richtung übermenschlicher Intelligenz zu erweitern. Laut Financial Times erhalten selbst Investoren bislang nur begrenzte Einblicke in die Forschung.
Milliardeninvestitionen ohne Geschäftsmodell
Die jüngste Finanzierungsrunde wurde von Greenoaks mit 500 Millionen US-Dollar angeführt. Weitere Beteiligte sind Lightspeed Venture Partners und Andreessen Horowitz. Laut Reuters gehören auch Google und Nvidia zu den Investoren. Google will SSI als Kunden für seine KI-Chips gewinnen und stellt diese in einer "signifikanten Anzahl" zur Verfügung. Angeblich verwendet SSI für Forschung und Entwicklung hauptsächlich TPUs von Google statt GPUs von Nvidia.
Bereits im September 2024 hatte SSI eine Milliarde US-Dollar bei einer Bewertung von fünf Milliarden eingesammelt. In weniger als einem Jahr hat sich die Bewertung also versechsfacht – ohne erkennbare Fortschritte oder Geschäftsmodell.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Thinking Machines Lab (TML), dem neuen Start-up der ehemaligen OpenAI-CTO Mira Murati. Laut Business Insider strebt das Unternehmen derzeit eine Seed-Finanzierung über zwei Milliarden US-Dollar an, was einer Bewertung von mindestens zehn Milliarden US-Dollar entsprechen würde. Auch hier ist bislang kein Produkt bekannt, das diese Summen rechtfertigen würde.
Wie SSI hat auch Thinking Machines Lab hochkarätige Forscherinnen und Forscher um sich versammelt, darunter viele ehemalige OpenAI-Mitarbeiter wie John Schulman, Barret Zoph und Jonathan Lachman. Allerdings verspricht TML keine bahnbrechende Super-KI.
Start-up-Blase mit KI-Gütesiegel?
Weder bei Safe Superintelligence noch bei Thinking Machines Lab ist klar, wie die Milliardenbewertungen zu rechtfertigen sind. Beide Start-ups setzen auf bekannte Namen und die implizite Hoffnung, dass aus der Kombination von Talent und Kapital eines Tages ein bahnbrechendes Produkt entsteht.
Der Markt scheint bereit, diesen Vertrauensvorschuss zu gewähren - vorerst. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten in den USA erscheint der Hunger der Investoren nach KI-Start-ups mit bekannten Gründern fast irrational.
Andererseits: Sollte die Wette aufgehen, dass KI-Systeme große Teile der Wissensarbeit übernehmen und automatisieren oder sogar neues Wissen schaffen, wäre der Wert dieser Unternehmen tatsächlich immens. OpenAI denkt bereits über Monatspreise für KI-Agenten von 20.000 US-Dollar nach - ähnlich bezahlt wie Angestellte eines Unternehmens und darüber hinaus.
Direkt zur Superintelligenz
Ein weiteres Beispiel für gehypte KI-Investoren ist das Start-up Reflection AI, das ebenfalls das Ziel verfolgt, Superintelligenz direkt zu entwickeln, ohne den Umweg über marktfähige Produkte. Reflection AI arbeitet an autonomen Programmiersystemen, die eigenständig Software schreiben können – ein Schritt, den das Team als zentral für die Entwicklung einer allgemeinen Superintelligenz einstuft.
Auch hier tragen die Investoren diese Strategie mit: Reflection AI hat laut Bloomberg bereits 130 Millionen US-Dollar eingesammelt und wird mit rund 500 Millionen US-Dollar bewertet. Zu den Geldgebern zählen unter anderem Reid Hoffman, der CEO von Scale AI, Alexandr Wang, sowie der VC-Arm von Nvidia.
OpenAI selbst vermeidet inzwischen den Begriff einer AGI oder Superintelligenz und hat sich von der ursprünglichen Vision einer sogenannten allgemeinen generellen Intelligenz (AGI) distanziert. Stattdessen setzt das Unternehmen zunehmend auf eine schrittweise Entwicklung marktfähiger KI-Produkte.