Ein KI-Forschungspaper eines ehemaligen MIT-Doktoranden steht wegen schwerwiegender Zweifel an der Datenqualität und Forschungsaussage in der Kritik.
Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat sich öffentlich von einer Studie distanziert, die den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Forschung als massiven Produktivitätstreiber beschreibt.
Das Preprint mit dem Titel "Artificial Intelligence, Scientific Discovery, and Product Innovation" wurde im November 2024 auf arXiv veröffentlicht und war beim Quarterly Journal of Economics eingereicht worden. Der Autor, Aidan Toner-Rodgers, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung PhD-Student am Department of Economics des MIT.
Die Untersuchung beschreibt den Einsatz eines KI-Tools in einem US-Unternehmen mit über 1.000 Forschenden. Laut Studie führten KI-gestützte Teams zu 44 Prozent mehr neuen Materialien, 39 Prozent mehr Patenten und 17 Prozent mehr Produktinnovation im Vergleich zu konventionellen Teams. Die Ergebnisse fanden breite mediale Beachtung, unter anderem in Nature und bei The Decoder.
MIT stellt Forschungsergebnisse infrage
Laut einer offiziellen Mitteilung vom 16. Mai 2025 hatte das MIT nach Eingang von Vorwürfen eine interne, vertrauliche Untersuchung eingeleitet. Die Prüfung durch das Committee on Discipline kam zu dem Schluss, dass das Institut "kein Vertrauen in die Herkunft, Zuverlässigkeit oder Gültigkeit der Daten" sowie "keine Zuversicht in den Wahrheitsgehalt der Forschung" habe. Der Autor ist nicht länger am MIT tätig.
Besonders problematisch sei, dass das Paper trotz fehlender Peer-Review bereits Einfluss auf Debatten über den Einsatz von KI in der Wissenschaft genommen habe. Ziel der öffentlichen Stellungnahme sei es, die wissenschaftliche Diskussion zu korrigieren und deutlich zu machen, dass die Ergebnisse des Papers nicht belastbar seien.
Da auf arXiv nur Autoren selbst einen Rückzug beantragen können, forderte das MIT den Autor dazu auf – bislang ohne Erfolg. In einem eigenen Schreiben bittet das Institut arXiv nun, das Paper als zurückgezogen zu kennzeichnen. Auch das Quarterly Journal of Economics wurde informiert.
Das MIT begründet den Schritt mit seinem Anspruch auf wissenschaftliche Integrität. Diese sei "zentral für die Mission des Instituts", heißt es in der Mitteilung.
Die Affäre zeigt auch strukturelle Spannungen eines zunehmend wirtschaftlich orientierten Wissenschaftsbetriebs, der geprägt ist durch große Forschungsabteilungen in Unternehmen und in dem der Druck zur schnellen Veröffentlichung wächst – oft zulasten etablierter Prüfverfahren.