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Wissensarbeit, Kommunikation und Verkauf gehören zu den Berufsgruppen, die laut einer neuen Studie von Microsoft Research am stärksten von generativer KI betroffen sein könnten.

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Laut der Studie "Working with AI" sind es primär Wissens- und Kommunikationsberufe, bei denen die Fähigkeiten von Sprachmodellen bereits heute eine bedeutende Rolle spielen.

Die Forscher analysierten 200.000 anonymisierte Konversationen aus Microsofts KI-System Bing Copilot. Sie ordneten die darin beschriebenen Nutzerziele und KI-Aktionen systematisch Arbeitsaktivitäten aus der O*NET-Datenbank zu, einer von der US-Regierung gepflegten Datenbank, die Berufe in ihre spezifischen Tätigkeiten zerlegt.

Ein zentraler Aspekt der Studie ist die Unterscheidung zwischen dem "Nutzerziel" und der "KI-Aktion". Das Nutzerziel beschreibt die Aufgabe, die ein Mensch erledigen möchte, während die KI-Aktion die Tätigkeit ist, welche die KI zur Unterstützung ausführt.

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Laut dem Paper ist das "Sammeln von Informationen" des Nutzers eine Tätigkeit, die typischerweise von Journalisten oder Wissenschaftlern ausgeübt wird. Die "Bereitstellung von Informationen" durch die KI entspricht hingegen der Tätigkeit von Bibliothekaren oder Kundendienstmitarbeitern.

Es handelt sich also um zwei formal unterschiedliche Arbeitstätigkeiten. Die Forscher fanden heraus, dass in 40 Prozent der Konversationen die Tätigkeits-Sets von Nutzer und KI völlig verschieden waren, was die unterstützende Dienstleistungsrolle der KI als Coach oder Berater unterstreichen soll.

Balkendiagramm: O*NET-Arbeitstätigkeiten in Copilot-Usage, rot Nutzerziel, blau KI-Aktion, schwarze Marken US-Arbeitsmarkt
Die Grafik vergleicht die KI-Nutzung (rote/blaue Balken) mit dem Anteil der jeweiligen Tätigkeit in der US-Gesamtwirtschaft (schwarze Linie). Die überproportionale Länge der Balken bei Aufgaben wie 'Getting Information' zeigt, dass KI primär als Werkzeug für Wissensarbeit dient. Ist der blaue Balken (KI-Aktion) länger als der rote (Nutzerziel), agiert die KI proaktiv beratend, statt nur Daten zu liefern. | Bild: Tomlinson et al.

KI assistiert beim Schreiben und Recherchieren

Die häufigsten Nutzeranfragen betreffen laut Studie das Sammeln von Informationen, das Verfassen und Bearbeiten von Texten sowie das Kommunizieren von Inhalten. Diese Aufgaben werden von der KI besonders erfolgreich unterstützt – sowohl gemessen an Nutzerfeedback als auch an einer automatisierten Analyse der Aufgabenerfüllung.

Deutlich schlechter funktioniert die KI-Unterstützung bei Aufgaben wie Datenanalyse oder visuellem Design. Auch Tätigkeiten, die reale Interaktion oder physisches Handeln erfordern, wie Einkäufe oder Reparaturen, bleiben größtenteils außerhalb der Fähigkeiten des Systems. Der neue ChatGPT-Agent soll das nach und nach ändern.

Wissensarbeit am stärksten betroffen

Um die Auswirkungen auf Berufe zu quantifizieren, entwickelten die Forscher einen "AI Applicability Score" (KI-Anwendbarkeits-Score). Diese Metrik berücksichtigt die Nutzungshäufigkeit, die Erfolgsrate und den Umfang, in dem die KI eine Aufgabe abdecken kann.

Empfehlung

Die höchsten Werte erreichen Berufe wie Übersetzer, Historiker, Autoren, Medienschaffende, Kundenberater und Verkäufer. Auch technische Rollen wie CNC-Programmierer und Datenwissenschaftler schneiden hoch ab.

Tabelle SOC-Berufsgruppen nach AI Applicability Score: Sales (0,32) und IT (0,30) führen, Healthcare Support am Ende (0,05)
Wissensintensive Gruppen wie Vertrieb (Score 0,32), Computer/Mathematik (0,30) und Verwaltung weisen die höchsten AI Applicability Scores auf. Körperliche Berufe wie Healthcare Support (0,05) und Gebäudereinigung (0,08) sind am wenigsten für KI-Einsatz geeignet. | Bild: Tomlinson et al.

Am unteren Ende der Skala finden sich physisch geprägte Berufe wie Pfleger, Handwerker, Reinigungskräfte oder Maschinenführer. Diese Tätigkeiten lassen sich mit generativer KI kaum abbilden – zumindest in der derzeitigen Form.

Kaum Zusammenhang mit Lohn oder Bildung

Der Zusammenhang zwischen der KI-Eignung eines Berufs und dessen Lohnniveau fällt in dieser Untersuchung schwach aus. Auch bei der Bildung zeigt sich nur ein leichter Trend: Berufe, die typischerweise einen Bachelor-Abschluss erfordern, sind etwas stärker betroffen als solche mit geringeren formalen Anforderungen.

Die Autoren warnen jedoch vor überhasteten Schlüssen: KI-Fähigkeit in einer Aufgabe bedeutee nicht zwangsläufig Automatisierung. Tatsächlich könne die Technologie auch unterstützend wirken und Tätigkeiten erweitern, statt sie zu ersetzen.

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Was bleibt offen?

Die Studie bewertet nicht, ob durch den KI-Einsatz tatsächliche Jobverluste entstehen oder sich Geschäftsmodelle verändern. Die Autoren verweisen auf historische Beispiele wie die Einführung des Geldautomaten, der zwar Bankprozesse automatisierte, aber auch zur Ausweitung des Filialnetzes und neuer Aufgaben für Bankangestellte führte.

Die Daten basieren zudem ausschließlich auf dem in den USA genutzten Copilot-System von Microsoft und lassen sich nicht ohne Weiteres auf andere Plattformen oder Länder übertragen. Auch informelle Arbeit oder Tätigkeiten außerhalb klassischer Berufsbilder – etwa im Haushalt – bleiben außen vor.

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Zusammenfassung
  • Eine neue Studie von Microsoft Research zeigt, dass Wissensarbeit, Kommunikation und Verkauf besonders stark vom Einsatz generativer KI betroffen sind, da Sprachmodelle diese Tätigkeiten heute bereits gezielt unterstützen können.
  • Die Analyse von 200.000 anonymisierten Bing Copilot-Konversationen ergab, dass KI primär beim Sammeln von Informationen, Schreiben und Kommunizieren erfolgreich hilft, während Aufgaben wie Datenanalyse, visuelles Design oder physische Tätigkeiten weniger geeignet sind.
  • Die Forscher fanden kaum Zusammenhang zwischen KI-Eignung eines Berufs und Lohn, bei der Bildung jedoch einen leichten Zusammenhang: Berufe mit typischerweise Bachelor-Abschluss sind etwas stärker betroffen.
Quellen
Online-Journalist Matthias ist Gründer und Herausgeber von THE DECODER. Er ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Beziehung zwischen Mensch und Computer grundlegend verändern wird.
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