In den USA rollt Google derzeit verstärkt KI-generierte Zusammenfassungen in der Suche aus. Damit verstößt Google gegen seine eigenen Spam-Richtlinien, wenn es den Mehrwert der Ergebnisse nicht nachweisen kann.
Um KI-Spam in den Griff zu bekommen, hat Google kürzlich die "Scaled Content"-Richtlinie vorgestellt. Darin droht Google Webseiten mit Sanktionen "für den Missbrauch mit massenhaft generierten Inhalten", unter anderem durch den Einsatz von generativen KI-Tools, "ohne den Nutzern einen Mehrwert zu bieten".
Google beschreibt hier genau die Spam-Techniken als potenziellen Verstoß, die es für die eigene generative KI-Suche verwendet, nämlich "Scraping von Feeds, Suchergebnissen oder anderen Inhalten, um viele Seiten zu generieren (auch durch automatisierte Transformationen wie Synonymisierung, Übersetzung oder andere Verschleierungstechniken)" und "Zusammenfügen oder Kombinieren von Inhalten aus verschiedenen Webseiten ohne Mehrwert".
Natürlich hat sich Google mit der Formulierung "ohne Mehrwert" ein Hintertürchen in die Richtlinie eingebaut. Die entscheidende, aber letztlich objektiv nicht zu beantwortende Frage lautet also: Hat Googles KI-Suche einen Mehrwert für die Nutzer?
Schaut man sich die Reaktionen auf "AI Overviews" in den sozialen und redaktionellen Medien an, gibt es anekdotisch zahlreiche Hinweise, derzeit mit "Nein" zu reagieren.
Publisher beschweren sich über den vermeintlichen Diebstahl ihrer Inhalte, Nutzer über teils absurde oder - noch gefährlicher - versteckte kleine Fehler in den KI-Ergebnissen, die vielen Nutzenden gar nicht auffallen dürften.
Auf der Liste von Googles Verfehlungen stehen außerdem: die Verwendung nicht lizenzierten Materials für das KI-Training, die KI-gestützte Paraphrasierung fremder Inhalte für den eigenen Profit, falsche Antworten sogar im medizinischen Kontext, bei denen nicht klar ist, wer die Verantwortung trägt, und ein massiver Eingriff in das Ökosystem der Internetinhalte und damit in die Geschäftsmodelle hunderttausender Unternehmen.
Diese Mängelliste liest sich so gravierend, dass gefragt werden muss, warum ein solches Produkt in dieser Form an Millionen von Menschen ausgerollt werden darf. Denn sie sind seit der ersten Präsentation im Mai 2023 offensichtlich und hinlänglich bekannt.
Die EU schaut Microsoft bereits wegen KI-Fehlinformationen des Bing-Copiloten auf die Finger, der im Vergleich zu Googles Marktmacht unbedeutend ist. Das könnte ein Grund dafür sein, dass Google seine KI-Suchergebnisse weltweit testet, nicht aber in der EU.
Google-Chef Sundar Pichai ist unehrlich
Google-Chef Pichai bedient sich derweil der gleichen Hinhaltetaktik wie schon vor einem Jahr: Die Nutzung der Suche nehme insgesamt zu und Google werde Ansätze priorisieren, die Traffic auf Webseiten bringen.
Es sind leere Worte, denn Pichai nennt weder Zahlen noch bietet er konkrete Maßnahmen an.
Der eigentliche Widerspruch zu Pichais Aussage liegt letztlich im Produkt selbst: Mit der KI-Suche bietet Google den Nutzern direkt in den Ergebnissen umfassende Informationen, die den Besuch der eigentlichen Webseiten überflüssig machen.
Google gibt dann vor, nach Wegen zu suchen, um mehr Traffic auf diese Websites zu lenken - obwohl die ursprüngliche Suche selbst der beste Weg war, diesen Traffic zu generieren.
Google ist dabei, das zu zerstören, was das Unternehmen groß gemacht hat: die Vielfalt des von Menschen geschaffenen World Wide Web. Getrieben ist dieser Irrsinn von den vergleichsweise kleinen Traffic-Erfolgen von OpenAIs ChatGPT und einem immensen Wirbel um generative KI.
Und Nutzer müssen sich entscheiden: Wollen sie ein offenes Web mit Inhalten von Menschen für Menschen? Dann liefert ihnen Google jetzt selbst den besten Grund, den Suchmaschinenanbieter zu wechseln.