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Eine chinesische Studie zeigt: Narzissmus, Machiavellismus, Materialismus und Psychopathie stehen in Zusammenhang mit häufigerem akademischen Fehlverhalten und verstärkter Nutzung generativer KI-Tools wie ChatGPT und Midjourney.

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Wissenschaftler:innen der Chodang University und Baekseok University analysierten bei 504 Kunststudierenden verschiedene Persönlichkeitsmerkmale und deren Auswirkungen auf das Lernverhalten.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Zusammenhänge zwischen bestimmten Charaktereigenschaften und problematischen Verhaltensweisen. Studierende mit ausgeprägten antisozial-manipulativen Zügen neigten signifikant häufiger zu akademischer Unehrlichkeit, entwickelten mehr Prüfungsangst und schoben Aufgaben häufiger auf.

Konzeptionelles Rahmenmodell der Studie mit Hypothesen H1 bis H6. Zeigt Verbindungen zwischen vier dunklen Persönlichkeitsmerkmalen (Materialismus, Narzissmus, Psychopathie, Machiavellismus) und drei akademischen Verhaltensweisen (Unehrlichkeit, Angst, Prokrastination), die wiederum zu Frustration, negativem Denken und generativer KI-Nutzung führen.
Das konzeptionelle Modell der Forscher zeigt die vermuteten Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und problematischen Verhaltensweisen. | Bild: Song & Liu

KI-Tools werden als Bewältigungsstrategie missbraucht

Besonders problematisch sei die Verbindung zu generativen KI-Tools wie ChatGPT oder Midjourney, so die Studie. Studierende mit akademischem Fehlverhalten nutzten diese Tools deutlich häufiger. Auch akademische Angst und Prokrastination sind mit verstärkter KI-Nutzung assoziiert.

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"Studenten, die unehrliche Praktiken anwenden, suchen KI-Tools, weil sie schwierige Arbeit umgehen oder schnelle Lösungen erhalten wollen, besonders unter hohem akademischen Druck", schreiben die Autor:innen. KI-Tools dienten als stressreduzierende Hilfsmittel für ängstliche Studierende und als Last-Minute-Lösung für Aufschieber.

Strukturgleichungsmodell mit statistischen Ergebnissen. Zeigt signifikante Pfadkoeffizienten zwischen dunklen Persönlichkeitsmerkmalen und akademischen Verhaltensweisen. Stärkste Verbindung besteht zu akademischer Angst (0.53), gefolgt von Unehrlichkeit (0.41) und Prokrastination (0.34). Alle Pfade führen zu erhöhter KI-Nutzung.
Die statistischen Ergebnisse bestätigen die meisten Hypothesen der Forscher. Die Zahlen zeigen die Stärke der Zusammenhänge.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass unethisches Verhalten mit erhöhter Frustration und negativem Denken einhergeht und dass KI-Tools häufiger genutzt werden.

Eine im Sommer 2024 von südkoreanischen Universitäten veröffentlichte Studie ergab, dass insbesondere gestresste Studierende mit geringer Selbstwirksamkeit zur übermäßigen Nutzung von KI neigen.

Kunststudierende besonders gefährdet

Kunststudierende seien besonders anfällig für diese Problematik, da sie als erste Generation mit ethischen KI-Problemen konfrontiert würden. Dabei geht es um grundlegende Fragen wie die Kennzeichnung KI-generierter Inhalte, die Definition von Originalität bei KI-Unterstützung und die Abgrenzung zwischen erlaubter Hilfe und Betrug. Der intensive Wettbewerb im chinesischen Bildungssystem und der Druck zur Originalität verstärkten die Versuchung, KI-Abkürzungen zu nutzen.

"Mit KI, die zu einem wichtigen Bestandteil des kreativen Prozesses wird, müssen Studenten Fragen zur Originalität KI-unterstützter Arbeiten und zur Möglichkeit von Plagiaten bewältigen", so die Studie. Ein Kunststudent könne etwa KI nutzen, um visuelle Konzepte zu erstellen oder einen bestimmten Stil zu imitieren, wodurch die Grenze zwischen legitimer Hilfe und akademischer Unehrlichkeit verschwimme.

Empfehlung

Die Studienergebnisse zeigten auch, dass diese Verhaltensweisen zu erhöhter Frustration und negativem Denken führten. Studierende, die unehrlich handelten, erlebten häufiger Enttäuschung und entwickelten schädliche Denkmuster.

Universitäten sollen Frühwarnsysteme einführen

Die Forscher:innen empfehlen Bildungseinrichtungen, Früherkennungssysteme für Studierende mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen zu implementieren. Spezialisierte Interventionen wie Verhaltensberatung und ethikbasierte Programme sollten angeboten werden.

Außerdem sollten detaillierte Richtlinien für KI-Integration in Kursarbeiten erstellt werden, damit Studenten verstehen, was akzeptable versus unehrliche KI-Nutzung sei. Da kreatives Denken die Risiken zu reduzieren scheine, sollten Kunstkurse Originalität, eigene Motivation und praxisbasierten Unterricht betonen.

Die Studie basiert auf Selbstangaben der Student:innen und ist auf chinesische Kunststudierende beschränkt. Langzeitstudien wären nötig, um ursächliche Zusammenhänge zu bestätigen. Die Wissenschaftler:innen untersuchten Studierende von sechs Universitäten in Sichuan, die für ihre hohen künstlerischen Standards bekannt sind.

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Die Problematik von KI-Missbrauch im Bildungswesen hat inzwischen auch rechtliche Konsequenzen: Ein US-Bundesgericht bestätigte 2024 die Bestrafung eines Schülers, der KI-generierte Inhalte ohne Kennzeichnung in seiner Hausarbeit verwendete und damit einen wichtigen Präzedenzfall für Bildungseinrichtungen weltweit schuf.

Parallel zeigen Untersuchungen, dass KI-Tools wie ChatGPT bei falscher Nutzung Lernprobleme verstärken können, besonders bei Schüler:innen mit bereits bestehenden Lernschwierigkeiten. Das Ausmaß des Problems verdeutlichen Zahlen aus Großbritannien, wo Hunderte von Studierenden wegen ChatGPT-Betrügereien untersucht werden, was die Notwendigkeit klarer ethischer Richtlinien und Präventionsmaßnahmen unterstreicht.

Eine ebenfalls im Sommer 2024 veröffentlichte Umfrage der Harvard Undergraduate Association unter 326 Studierenden ergab, dass fast 90 Prozent generative KI nutzen. Für rund ein Drittel ersetzen KI-Systeme bereits traditionelle Informationsquellen wie Wikipedia oder Google.

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Zusammenfassung
  • Eine Studie chinesischer Universitäten zeigt, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Narzissmus, Machiavellismus, Materialismus und Psychopathie mit häufigerem akademischen Fehlverhalten und verstärkter Nutzung von KI-Tools zusammenhängen.
  • Studierende mit solchen Charakterzügen nutzen generative KI häufiger als Bewältigungsstrategie bei Prüfungsangst und Prokrastination, was oft zu Frustration und negativem Denken führt und die Grenze zwischen erlaubter Unterstützung und Betrug verschwimmen lässt.
  • Die Forscher empfehlen Universitäten, Präventions- und Interventionsprogramme sowie klare Richtlinien zur KI-Nutzung zu etablieren.
Quellen
Jonathan ist Technikjournalist und beschäftigt sich stark mit Consumer Electronics. Er erklärt seinen Mitmenschen, wie KI bereits heute nutzbar ist und wie sie im Alltag unterstützen kann.
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