- Informationen aus geleakter interner Mail ergänzt.
Update vom 19. Juni 2023:
Anton Rainer vom Spiegel veröffentlicht auf Twitter Auszüge aus einer internen Mail an die Belegschaft von Axel Springer, in der von einer "KI-Offensive" die Rede ist, die zum Ziel "Digital only" führen soll. KI biete "enorme Chancen, Journalisten mehr Zeit für Recherche und Kreativität zu schenken", heißt es in der Mail.
Das bedeute aber auch, dass Kolleginnen und Kollegen entlassen würden, die "in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden" oder sich "mit ihren bisherigen Fähigkeiten in der neuen Aufstellung nicht wiederfinden". KI solle etwa die Rolle des "klassischen Papier-CVDs" überflüssig machen und das Layout der gedruckten Zeitung "schon bald ... komplett übernehmen können".
Originalartikel vom 11. Juni 2023:
Axel-Springer-Chef Döpfner will Journalisten den Journalismus töten lassen
Der Medienkonzern Axel Springer will durch Zukäufe ins KI-Geschäft einsteigen. Dahinter steckt unternehmerisches Kalkül, aber auch die Hoffnung, das Kerngeschäft Journalismus besser kontrollieren zu können - und sei es durch Selbstzerstörung.
In einem internen Podcast hat Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner angekündigt, ein Team speziell für KI-Investitionen und -Übernahmen aufbauen zu wollen, berichtet Reuters. Der Podcast liegt dem Nachrichtenportal vor.
Eine genaue strategische Ausrichtung geht aus dem Bericht nicht hervor. Das Team soll sich auf Early-Stage- und auch Late-Stage-Akquisitionen von KI-Unternehmen konzentrieren, die aus "verschiedenen Gründen" für Springer "wichtig oder attraktiv" sein könnten.
Axel Springer agiert dabei in erster Linie als Investor, der sein Geld in viele Unternehmen steckt und hofft, dass eines davon durchstartet. Als Vorbild nennt Döpfner die erfolgreiche Übernahme der Karriereplattform Stepstone, die in diesem Jahr an die Börse gehen soll.
Döpfners Springer-Journalist:innen sollen den Journalismus selbst töten dürfen
Döpfner interessiert sich besonders für KI-Technologien, die das Geschäftsmodell von Axel Springer disruptieren könnten: Werbung, E-Commerce und Journalismus. In diesem Zusammenhang sieht er KI als Herausforderer.
"Wenn jemand den Journalismus töten will, müssen wir verstehen, wie und warum, und wir Journalisten sollten es selbst tun", sagt Döpfner.
Axel Springer experimentiert bereits mit KI im Newsroom, etwa für suchmaschinenoptimierte Überschriften für News-Artikel, die Autor:innen automatisch vorgeschlagen werden.
In der Ende Februar 2023 veröffentlichten Zukunftsstrategie für Bild und Welt stellte Döpfner in Aussicht, dass durch Künstliche Intelligenz und zunehmende Automatisierung der Journalismus "noch stärker als bisher in den Mittelpunkt" rücken werde.
"Journalismus-Kreation wird zum Kern unseres Tuns. Journalistische Produktion wird zum Nebenprodukt, immer mehr technisch gestützt und automatisiert. Das bedeutet Umbau der Redaktionen und Verschiebung von Personal und Kosten. Diese Veränderung zu verstehen, ist essenziell für die Zukunftsfähigkeit eines Verlages", so Döpfner. "Überleben wird nur, wer die besten originären Inhalte schafft."
Axel Springer will sich unter dem Motto "Digital only" künftig noch stärker auf das digitale Geschäft konzentrieren. Der Konzern plant zudem einen Stellenabbau bei Bild und Welt, der Umfang ist noch offen.
Axel Springer betreibt mit Bild und Welt zwei führende Medienmarken im deutschsprachigen Raum und will unter anderem durch die Übernahme von Politicio im US-Medienmarkt wachsen. In Deutschland steht insbesondere das Boulevardblatt Bild wegen zahlloser Verstöße gegen den Pressekodex in der Dauerkritik.