Laut Baidu-CEO Robin Li ist der eigene Chatbot "Ernie 4.0" auf Augenhöhe mit OpenAIs GPT-4. Seine Aussage hat auch eine politische Dimension.
Denn die USA und China befinden sich in einem KI-Wettlauf: Beide Nationen versprechen sich vom Einsatz von KI große wirtschaftliche und militärische Vorteile. Das gipfelt unter anderem in einem US-Exportverbot für KI-Chips.
Für Baidu und China wäre daher ein Chatbot auf dem Niveau des derzeit weltweit leistungsfähigsten Sprachmodells GPT-4 ein großer Erfolg. Li stellte die neueste Version Ernie 4.0 auf einer Baidu-Veranstaltung in Peking mit dem Titel "Prompt the World" vor.
Ernie sei GPT-4 in keiner Aufgabe mehr unterlegen, so Li, der den Chatbot in einer Demo unter anderem ein Buch und Werbematerial generieren ließ. Bereits im September startete Baidu mit der Beta-Version von Ernie 4.0. Laut Dr. Haifeng Wang, Technischer Direktor von Baidu, hat sich die Gesamtleistung von Ernie 4.0 seitdem um fast 30 Prozent verbessert.
Verstehen, Generieren, Schlussfolgern, Erinnern
Laut Li hat der Ernie-Bot vier grundlegende KI-Fähigkeiten: Er kann "verstehen" und Antworten auf komplexe und sogar ungeordnete menschliche Anfragen geben, einschließlich der Interpretation versteckter Botschaften.
Darüber hinaus kann Ernie auf der Grundlage einfacher Text- und Bildeingaben innerhalb weniger Minuten eine Vielzahl von Inhalten wie Texte, Bilder und Videos generieren.
Li demonstrierte die Fähigkeit von Ernie Bot, Schlussfolgerungen zu ziehen, indem er ihn komplexe geometrische Probleme lösen ließ.
Die Fähigkeit des Bots, sich zu "erinnern" und schrittweise Eingaben zu integrieren, zeigt Li, indem er eine Kurzgeschichte schrieb und während des Schreibens regelmäßig neue Informationen hinzufügte.
China und Baidu auf der Jagd nach der Sprachmodell-Referenz
In seiner Präsentation zeigte Li auch, wie Ernie 4.0 in verschiedene Baidu-Produkte integriert wird, um deren Funktionalität zu verbessern.
Dazu gehören Baidu Search, Baidu GBI, Infoflow, Baidu Wenku, Baidu Drive und Baidu Maps. Durch die Integration von Ernie 4.0 sei Baidu in der Lage, die Produktivität zu steigern und gleichzeitig die Kreativität zu fördern, was zu vielfältigen Nutzerinteraktionen führen soll.
Laut Reuters wurde die Präsentation zurückhaltend aufgenommen, da Analysten wohl auf größere Innovationen im Vergleich zu Ernie 3.5 gehofft hatten. Die Baidu-Aktie gab am Morgen der Präsentation um 1,32 Prozent nach.
Schon zuvor hatte der chinesische Suchmaschinen- und Internetkonzern Baidu bekannt gegeben, dass der Chatbot Ernie in Version 3.5 andere Modelle wie ChatGPT 3.5 und GPT-4 in Benchmarks übertroffen habe, insbesondere in chinesischer Sprache. Baidu berief sich dabei auf eine Auswertung von China Science Daily.
Im September gab Li bekannt, dass in China mehr als 70 große Sprachmodelle mit mehr als einer Milliarde Parametern veröffentlicht wurden. Baidu schließt sich damit anderen chinesischen Unternehmen wie SenseTime und den KI-Start-ups Baichuan Intelligent Technology, Zhipu AI und MiniMax an, die KI-Chatbots mit behördlicher Genehmigung eingeführt haben.
Chinesische LLMs stehen wegen angeblich starker Zensur in der Kritik. Chinesische Regulatoren sehen in ChatGPT-ähnlichen Systemen die Gefahr, die Kontrolle über Narrative zu verlieren. Ernie sagt zum Beispiel nichts über den chinesischen Präsidenten oder den Tiananmen-Platz.