Künstliche Intelligenz soll für das US-Militär die Nadel im Heuhaufen entdecken und bei Atomschlag-Gefahr automatisch Alarm schlagen - und zwar bevor eine Rakete startet.
Der Nachrichtendienst Reuters berichtet über mehrere KI-gestützte Forschungsprojekte des US-Militärs. Für das kommende Jahr liege ein Antrag vor, das Budget für ein einzelnes KI-Frühwarnsystem auf 83 Millionen US-Dollar zu verdreifachen. Reuters bezieht sich auf anonyme Regierungsvertreter aus dem Umfeld dieser Projekte.
Ziel sei die Entwicklung eines KI-gestützten Frühwarnsystems für einen möglichen Atomschlag. Das KI-System soll "eigenständig denken können" und große Datenmengen - darunter Satellitenaufnahmen - in übermenschlichem Tempo und mit einer hohen Präzision auf Hinweise auf Nuklearwaffen oder eine bevorstehende Atom-Attacke durchsuchen.
"Wir sollten alles versuchen, um diese Rakete zu entdecken, bevor sie startet und es möglichst schwer machen, sie zu starten", zitiert Reuters eine Regierungsquelle. Ein Pilotprojekt für dieses Frühwarnsystem sei speziell für Nordkorea vorgesehen.
KI-Wettrüsten zwischen den USA, Russland und China
Einige der befragten Regierungsvertreter bemängeln laut Reuters zu geringe Investitionen in Künstliche Intelligenz im Vergleich zu Russland und China. Das oben beschriebene Projekt stecke noch in den Kinderschuhen, würde aber bereits innerhalb der eigenen Reihen getestet. Es soll nur ein Bestandteil der weitläufigeren KI-Strategie des US-Militärs sein.
Unter anderem arbeite die US-Behörde Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) an einer Software, die KI-Entscheidungen für menschliche Analysten nachvollziehbar machen kann. Diese Nachvollziehbarkeit sei notwendig, da KI-Systeme getäuscht und manipuliert werden könnten.
KI könnte zivile Opfer vermeiden
Vergangene Woche wurde bekannt, dass sich Google aufgrund anhaltender Mitarbeiter-Proteste 2019 aus einer KI-Kooperation mit dem US-Militär zurückziehen wird.
Der US-Sicherheitsexperte Paul Scharre kritisiert diese Entscheidung in einem Interview mit Zeit Online, da KI-Analysen zivile Opfer vermeiden könnten:
"Ich persönlich bin insofern über die Proteste der Google-Mitarbeiter irritiert, als dass sich eigentlich niemand wünschen kann, dass das US-Militär im Kriegsfall potenziell im Dunkeln stochert", sagt Scharre. "Das Ergebnis ist im Zweifel stets, dass mehr falsche Entscheidungen gefällt werden, mit mehr unerwünschten Wirkungen. Je genauer die Informationen sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass die richtigen militärischen Ziele gefunden und bekämpft werden können."
Der Rückzug von Google ändere außerdem nichts an den Plänen des US-Militärs. Google würde einfach durch ein anderes Unternehmen ersetzt.
"Es gibt genug andere Privatunternehmen, die bereit sind, mit dem US-Verteidigungsministerium zusammenzuarbeiten. Dadurch, dass das Pentagon erhebliches Geld in die Technologie steckt, schafft es Nachfrage und einen Markt, den womöglich auch neu zu gründende Start-ups besetzen könnten. Google wird schlicht durch andere Firmen ersetzt werden."