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Fünfzehn europäische Medienorganisationen haben sich zusammengeschlossen, um unter "chateurope.eu" ein KI-gestütztes Nachrichtenangebot "ohne Einfluss von Desinformation und Fake News" anzubieten. Erste Tests zeigen gravierende Schwächen.

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Mit ChatEurope startet ein von der EU gefördertes Projekt, das mithilfe eines KI-Chatbots Informationen zu europäischen Themen liefern soll. Hinter der Plattform stehen 15 Medienorganisationen aus sieben Ländern, darunter dpa, Deutsche Welle, AFP und ANSA.

Der Chatbot basiert auf einem Sprachmodell des französischen KI-Unternehmens Mistral und wurde von DRUID AI aus Rumänien entwickelt. Die Deutsche Welle bringt nach eigenen Angaben ihre Technologie zur Videoübersetzung und -transkription "Plain X" ein und ist an der Qualitätskontrolle der Chatbot-Antworten beteiligt.

Die Plattform umfasst neben dem Chatbot auch eine Newsseite und Social-Media-Kanäle. Ziel sei es, Entscheidungen der EU transparent zu machen und Desinformation entgegenzuwirken. Antworten des Chatbots stützen sich ausschließlich auf Inhalte der beteiligten Medienorganisationen. Die verwendeten Quellen sollen jeweils sichtbar sein.

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Veraltete Quellen, unverständliche Antworten

ChatEurope verspricht verlässliche Informationen zu EU-Themen. Erste Tests zeigen jedoch erhebliche Defizite. Auf Fragen zu aktuellen Ereignissen liefert das System teils keine Antwort oder greift auf jahrealtes Material zurück – trotz des Anspruchs, eine tagesaktuelle Nachrichtenplattform zu sein.

Zu aktuellen Themen will sich ChatEurope nicht äußern. | Bild: ChatEurope (Screenshot THE DECODER)

Auf die Frage "What's going on in Germany?" reagierte der Chatbot mit einer Abhandlung über den Schutz von Wölfen. Das US-Produkt ChatGPT mit o3-Websuche liefert im Vergleich eine nuancierte, aktuelle Antwort mit zahlreichen Quellen.

Auf die Frage nach dem Stand der Dinge in Deutschland antwortet das System mit einer Abhandlung über Wolfspolitik. | Bild: ChatEurope (Screenshot THE DECODER)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde bei einer allgemeinen Frage nach Bedrohungen für Europa nicht erwähnt – stattdessen verwies das System unter anderem auf Luftverschmutzung oder zitierte veraltete Quellen aus dem Jahr 2018.

Veraltete Quellen und basierend darauf falsche Antworten - die Plattform Chat Europe will mit KI Desinformation vorbeugen, erreicht aber derzeit eher das Gegenteil.
Veraltete Quellen und basierend darauf falsche Antworten - die Plattform Chat Europe will mit KI Desinformation vorbeugen, erreicht aber derzeit eher das Gegenteil. | Bild: ChatEurope (Screenshot THE DECODER)

Auch bei der Einschätzung des politischen Klimas in Deutschland bleibt das System ungenau. Zwar wird die Lage grob umrissen, doch stammen die zugrunde liegenden Quellen aus einer Zeit, in der der zunehmende Rechtsruck nicht abgebildet wurde. In der Antwort sind veraltete Wahlergebnisse enthalten.

Um Fehler wie diese zu finden, musste ich die Anwendung fünf Minuten testen. | Bild: Chat Europe (Screenshot THE DECODER)

Auch bei der Frage nach "der Situation zwischen Ukraine und Russland" zeigt sich das Problem: Der Chatbot verlinkte auf einen Artikel vom 31. Dezember 2024 über den Stopp russischer Gaslieferungen durch die Ukraine. Eine tagesaktuelle oder umfassende Einordnung des andauernden Krieges fehlt.

Empfehlung
Bei einer Anfrage zur Situation zwischen Russland und der Ukraine verweist der Chatbot auf einen veralteten Artikel über den Gastransit – der eigentliche Kontext des Krieges bleibt unerwähnt. | Bild: Chat Europe (Screenshot)

Laut Peter Kropsch, CEO der dpa, soll ChatEurope "die Arbeit der EU transparenter" machen und "eine europaweite Allianz gegen Desinformation und Fake News" stärken. Die AFP-Direktorin Christine Buhagiar spricht von einer "Kombination aus Zuverlässigkeit und Innovation". Diese Aussagen stehen derzeit in deutlichem Widerspruch zur praktischen Leistung der Plattform.

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Zusammenfassung
  • Fünfzehn europäische Medienorganisationen, darunter dpa, Deutsche Welle und AFP, haben mit ChatEurope eine von der EU geförderte Plattform gestartet, die mithilfe eines KI-Chatbots verlässliche Informationen zu europäischen Themen bieten soll.
  • Der Chatbot nutzt ein Sprachmodell des französischen KI-Unternehmens Mistral und wurde von DRUID AI aus Rumänien entwickelt. Neben dem Chatbot bietet die Plattform eine Newsseite und Social-Media-Kanäle. Ziel ist es, EU-Entscheidungen transparenter zu machen und Desinformation entgegenzuwirken.
  • Erste Tests zeigen jedoch deutliche Schwächen: Der Chatbot liefert häufig veraltete oder unpassende Antworten, geht auf aktuelle Ereignisse nicht ein und verwendet Quellen aus vergangenen Jahren. Die Versprechen der Initiatoren stehen damit derzeit im Widerspruch zur tatsächlichen Leistung der Plattform.
Quellen
Online-Journalist Matthias ist Gründer und Herausgeber von THE DECODER. Er ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Beziehung zwischen Mensch und Computer grundlegend verändern wird.
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