Immer mehr Nutzer informieren sich über ChatGPT statt über klassische Suchmaschinen. Das verändert die Sichtbarkeit und Reichweite von Nachrichtenangeboten und stellt deren Geschäftsmodell infrage
Laut Daten von Similarweb hat sich die Zahl der monatlich aktiven Nutzer der ChatGPT-App innerhalb von sechs Monaten mehr als verdoppelt – mit einem Anstieg um 116 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Webnutzung legte um 52 Prozent zu.
Besonders deutlich zeigt sich die Verschiebung beim Nachrichtenzugang: Zwischen Januar 2024 und Mai 2025 stieg die Zahl nachrichtenbezogener Prompts in ChatGPT um 212 Prozent, während vergleichbare Google-Suchanfragen im selben Zeitraum um fünf Prozent zurückgingen. Ab Anfang 2025 beschleunigte sich der Trend signifikant.

Politik verdrängt Börse und Wetter
Die thematische Verteilung der News-Prompts auf ChatGPT zeigt einen Wandel im Nutzerinteresse. Zwar dominieren weiterhin klassische Echtzeitthemen wie Aktien (33 Prozent), Finanzen (21 Prozent), Sport (17 Prozent) und Wetter (15 Prozent).
Doch in der Dynamik führen andere Themen: Politik verzeichnet das stärkste relative Wachstum, gefolgt von Inflation, Wirtschaft und Klima. Auch Zölle sind laut Similarweb ein stark wachsender Themenbereich.
Der Trend deutet laut Similarweb auf eine Abkehr vom reaktiven Nachrichtenkonsum hin zu einem erklärungsorientierten Zugang. Nutzer suchen zunehmend nach kontextualisierten, systemischen Einordnungen statt nach bloßen Ereignismeldungen.
25-facher Anstieg bei ChatGPT-Traffic für Nachrichtenportale
Similarweb verzeichnet einen massiven Anstieg der Weiterleitungen von ChatGPT zu Nachrichtenwebsites – von unter einer Million im Zeitraum Januar bis Mai 2024 auf mehr als 25 Millionen von Januar bis Mai 2025.
Zu den Hauptprofiteuren gehören Reuters, New York Post, Business Insider, Guardian und das Wall Street Journal, die teilweise exklusive Deals mit OpenAI eingegangen sind.

Gleichzeitig bleiben einige große Marken außen vor. CNN erscheint in den Referral-Rankings gar nicht, die New York Times ist unterrepräsentiert – mutmaßlich, weil sie die Nutzung ihrer Inhalte durch ChatGPT einschränkt. OpenAI nimmt durch seine Partnerwahl Einfluss auf die Meinungsbildung.
Google verliert parallel an Relevanz als Nachrichtenvermittler, jedoch durch eigene Maßnahmen. Seit der Einführung von Google AI Overviews im Mai 2024 ist der Anteil an Zero-Click-Suchen bei Nachrichtenthemen von 56 auf 69 Prozent gestiegen. Nutzer erhalten ihre Antworten direkt auf der Suchseite, ohne Publisher-Websites zu besuchen.
Entsprechend sank der organische Traffic von Nachrichtenportalen laut Similarweb von über 2,3 Milliarden auf unter 1,7 Milliarden Besuche. Für viele Verlage ist das eine existenzielle Bedrohung. Das hat zuletzt EU-Publisher dazu gebracht, politisch gegen Google vorzugehen.