KI und Gesellschaft

Corona zeigt Künstlicher Intelligenz ihre Grenzen auf

Maximilian Schreiner
Das kanadische Unternehmen Bluedot soll mit einer KI-Prognose schon am 31. Dezember 2019 vor der Ausbreitung des Coronavirus gewarnt haben.

In Ausnahmesituationen zeigt sich oft, was bisher nicht funktioniert hat. Für KI-Forscher Gary Marcus ist klar: Corona hat KI die Hosen heruntergezogen.

Die Corona-Pandemie hat vieles offengelegt, was in der Gesellschaft nicht stimmt: Inkompetente Politiker, die Auswirkung von Umweltverschmutzung oder globale Ungleichheit. KI-Forscher Gary Marcus glaubt, dass die Pandemie auch für Künstliche Intelligenz (News) ein Weckruf sein sollte.

Wegen der Pandemie wünsche man sich KI, die die Unmengen an medizinischer Fachliteratur über das Coronavirus zusammenfassen könne, sagt Marcus auf der diesjährigen "Intelligent Health AI"-Konferenz. Man benötige KI, die kausal denken könne, Fehlinformationen aussortiere und Roboter, die helfen, ältere Menschen zu versorgen, oder die Pakete liefern.

Angesichts der 60jährigen Forschungsgeschichte Künstlicher Intelligenz hält Marcus es für gerechtfertigt, wenigstens einige dieser Dinge zu erwarten. Stattdessen gebe es KI, die Spiele spielt, Sprache in Text verwandelt und den Teppich staubsaugt.

Dass kausal denkende KIs und selbstständige Roboter nicht existieren, liegt laut Marcus am falschen Fokus auf Deep Learning. Die Methode benötige für einzelne Anwendungen viele Daten und die existierten bei unerwarteten Szenarien wie einer plötzlich auftretenden globalen Pandemie mit einem neuen Virus noch nicht. Entsprechend versage das Deep Learning.

KI soll robuster und vielseitiger werden

Marcus stellt die Fortschritte der KI-Forschung immer wieder in Frage. Der Kognitions- und Neurowissenschaftler veröffentlichte 2019 das Buch "Rebooting AI" (Amazon Link), in dem er ebenfalls den aktuellen Fokus auf Deep Learning kritisiert und stattdessen eine Rückbesinnung auf frühere, regelbasierte KI-Methoden fordert.

Marcus sieht die Zukunft in hybriden KI-Systemen, die lernen und abstrakt logisch denken können. Nur so könnten KI-Systeme und Roboter entwickelt werden, die Zusammenhänge in Daten und ihre Umwelt verstehen sowie verlässlich mit neuen Situationen umgehen können. Durch den Deep-Learning-Fokus verpasse die KI-Forschung eine Chance auf robustere und nützliche KI-Systeme.

Marcus entwickelt mit seinem Robotik-Unternehmen RobustAI eine "industrielle kognitive Engine", die als Grundlage für die von ihm geforderten alltagstauglichen Roboter dienen soll. Wie auch immer das richtige Werkzeug aussehe – in Anbetracht der Pandemie müssten sich KI-Forscher fragen, welche Probleme sie lösen wollen.

"COVID-19 ist ein Weckruf, es ist unsere Motivation, die Entwicklung von KI für Werbung, Newsfeeds und ähnliche Anwendungen zu stoppen und stattdessen KI zu entwerfen, die wirklich einen Unterschied machen kann", sagt Marcus.

Via: Venturebeat

Weiterlesen über Künstliche Intelligenz: