Die GEMA geht als erste Verwertungsgesellschaft weltweit gegen einen KI-Anbieter vor. Eine Musterklage gegen OpenAI soll grundsätzliche Rechtsfragen zur Vergütung von Urheberrechten beim KI-Training klären.
Die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA hat am 13. November beim Landgericht München eine Musterklage gegen OpenAI eingereicht. Laut GEMA gibt der ChatGPT-Betreiber urheberrechtlich geschützte Songtexte wieder, ohne dafür Lizenzen erworben oder die Urheber vergütet zu haben.
Mit der Musterklage will die GEMA grundsätzliche Rechtsfragen der KI-Nutzung urheberrechtlich geschützter Daten klären lassen. Sie stehe beispielsweise auch stellvertretend für die Generierung von Sounddateien durch unlizenzierte Dienste.
Nach Ansicht der GEMA nutzen Anbieter von KI die derzeit ungeklärte Rechtslage aus, um sich der Zahlung von Lizenzgebühren für geschützte Inhalte zu entziehen. Die Klage richtet sich sowohl gegen die amerikanische Muttergesellschaft OpenAI L.L.C. als auch gegen OpenAI Ireland Ltd., die den Chatbot in Europa betreibt.
GEMA sieht unterschiedliche Rechtslage in EU und USA
Zahlreiche bekannte deutsche Musikschaffende unterstützen die Klage, darunter die Urheber des Hits "Atemlos" sowie Rolf Zuckowski, Reinhard Mey und Inga Humpe. Ihre Songtexte wurden laut der GEMA nachweislich durch den Chatbot verwertet - ohne dass sie dafür vergütet wurden.
"Die Songs unserer Mitglieder sind nicht der kostenlose Rohstoff für die Geschäftsmodelle der Anbieter generativer KI-Systeme", sagt Dr. Tobias Holzmüller, CEO der GEMA.
Die GEMA betont die unterschiedliche Rechtslage in Europa und den USA. Während in den USA der "Fair Use"-Gedanke gelten könnte, bei dem bestimmte Nutzungen ohne Vergütung zulässig sind, sei die Situation in Europa eindeutiger geregelt: KI-Anbieter dürfen geschützte Werke, für die ein Rechtevorbehalt erklärt wurde, nicht ohne Lizenz für das Training nutzen.
"Dieses Schlupfloch in den USA scheint die amerikanisch dominierten Anbieter aber auch in Europa trotz divergierender Rechtslage dazu zu motivieren, die geschuldete Zahlung einer Lizenzvergütung zu verweigern", erklärt die GEMA in ihren FAQ zur Klage.
In den USA hat OpenAI gerade einen möglicherweise wegweisenden KI-Copyright-Rechtsstreit gegen zwei Nachrichtenseiten gewonnen. Die Richterin folgte dabei vollständig der Fair-Use-Argumentation von OpenAI.
Bei der Klage der GEMA dürfte die Situation, auch unabhängig vom Gerichtsstand, jedoch anders aussehen, da Songtexte urheberrechtlich geschützt sind.
Zudem ist auch in den USA der Fair-Use-Gedanke im Zusammenhang mit kommerzieller KI umstritten. Große Musikkonzerne wie Sony klagen dort gegen Hersteller von generativen KI-Modellen für Musik wie Suno und Udio. Suno argumentiert mit Fair Use, aus Daten zu lernen, sei keine Urheberrechtsverletzung.
GEMA stellt eigenes KI-Lizenzmodell vor
Die Verwertungsgesellschaft hatte Ende September ein Zwei-Säulen-Lizenzmodell für generative KI vorgestellt. Es sieht eine Beteiligung von 30 Prozent an allen durch KI-Modelle erwirtschafteten Netto-Einnahmen vor.
Das Modell umfasst sowohl das Training der KI-Systeme als auch die Folgenutzungen von KI-generierten Musikinhalten. Damit sollen Kreative an allen wirtschaftlichen Vorteilen beteiligt werden, die durch die Nutzung ihres künstlerischen Schaffens entstehen.
Laut einer Studie der GEMA sind mittelfristig 27 Prozent der Einnahmen von Urheberinnen und Textdichtern durch generative KI gefährdet. Für die Mitglieder von GEMA und der französischen Verwertungsgesellschaft SACEM könnte das bis 2028 zu einem gemeinsamen Einnahmenverlust von 2,7 Milliarden Euro führen. 71 Prozent der befragten Kreativen in der Studie sehen durch KI die wirtschaftliche Grundlage der Musikschaffenden in Gefahr.