Die Menschheit muss sich laut Pichai in Acht nehmen vor einer KI, die eigenständig handelt.
Google ist wohl das weltweit führende Unternehmen für Künstliche Intelligenz. Kinderleichte Bildbearbeitung, KI-Telefonate und autonome Autos: Fast keine Software des Technologieriesen kommt mehr ohne trainierte Algorithmen aus.
Im Mai benannte Google die eigene Forschungsabteilung gar von "Google Research" in "Google AI" um. Das zeigt, mit welcher Entschlossenheit Google die KI-Revolution anführen will.
Obwohl Google massiv in die eigene KI-Zukunft investiert, scheut Google-Chef Sundar Pichai nicht davor zurück, offen über Kritikpunkte an KI zu sprechen. In einem Interview mit der Washington Post sagt Pichai jetzt, dass Ängste vor möglichen negativen Konsequenzen "sehr berechtigt" seien.
"Ich denke, dass die Techbranche erkennen muss, dass sie es [KI] nicht einfach bauen und dann reparieren kann", sagt Pichai. "Ich glaube, das funktioniert nicht."
Pichai hofft auf Selbstregulierung
Die großen Techkonzerne müssten dafür sorgen, dass eine eigenständig agierende Künstliche Intelligenz den Menschen keinen Schaden zufüge. Dann könne KI der Menschheit "enorme Vorteile" verschaffen. Er hofft auf eine Selbstregulierung der Branche.
"Die Regulierung einer Technologie in ihren Anfängen ist schwierig, aber ich denke, Unternehmen sollten sich selbst regulieren", sagte er. "Deshalb haben wir einige KI-Prinzipien formuliert. Wir haben vielleicht nicht alles richtig gemacht, aber wir fanden es wichtig, ein Gespräch zu beginnen."
Google stellte Anfang Juni neue KI-Regeln vor, nachdem die eigenen Mitarbeiter wochenlang gegen eine Militärkooperation protestierten.
In diesen ethischen Leitlinien ist unter anderem festgelegt, dass eine KI von Google nicht als Waffe eingesetzt werden darf oder für eine Personenüberwachung, die international anerkannte Menschenrechte verletzt.
Im Oktober stieg Google aus einem Bieterwettbewerb für einen lukrativen Cloud-KI-Deal mit dem US-Militär aus. Bis zu zehn Milliarden US-Dollar soll der Vertrag wert sein. Microsoft bietet weiter mit und verspricht dem Militär kompromisslosen Rückhalt.
Vorurteilen mit Diversität begegnen
"Im Laufe der Zeit, während wir Fortschritte machen, denke ich, dass es wichtig ist, Gespräche über Ethik [und] Vorurteile zu führen und gleichzeitig Fortschritte zu machen", sagt Pichai.
An der Fortentwicklung von KI müssten möglichst viele Forscher aus unterschiedlichen Fachgebieten beteiligt werden, so Pichai weiter. "Man muss die Menschheit auf eine repräsentativere Weise einbeziehen, weil die Technologie die Menschheit beeinflussen wird."
Ende November entfernte Google geschlechtsspezifische Pronomen aus einer Gmail-KI, die eigenständig Texte in E-Mails ergänzt. Trainiert wurde die KI mit den E-Mail-Texten der Gmail-Nutzer. Dabei entwickelte sie Vorurteile, zum Beispiel dass ein Investor männlich ist, obwohl eigentlich eine Frau gemeint ist.