Die Mitbegründer von Character.AI, Noam Shazeer und Daniel De Freitas, sowie einige Mitglieder wechseln zu Google. Die Plattform soll unter neuer Leitung weitergeführt und Technologie an Google verkaufen.
Das KI-Chatbot-Startup Character.AI hat eine Vereinbarung mit Google getroffen, die dem Technologieriesen eine nicht-exklusive Lizenz für die aktuelle Sprachmodell-Technologie von Character.AI gewährt. Im Zuge dieser Vereinbarung werden die Character.AI-Mitbegründer Noam Shazeer und Daniel De Freitas sowie einige Mitglieder des Forschungsteams zu Google wechseln.
Der Großteil des Teams bleibt jedoch bei Character.AI und wird sich weiterhin auf die Entwicklung des Produkts und die Betreuung der wachsenden Nutzerbasis konzentrieren. Dominic Perella, bisher General Counsel von Character.AI und zuvor langjähriger Führungskraft bei Snap Inc., übernimmt mit sofortiger Wirkung die Rolle des Interim-CEOs.
Bisher verfolgte das Start-up einen "Full-Stack"-Ansatz, der das Vortrainieren eigener Sprachmodelle, deren Anpassung für die Character.AI-Plattform und den Aufbau einer globalen Nutzerplattform umfasste. Angesichts der zunehmenden Verfügbarkeit vortrainierter Modelle sieht Character.AI nun jedoch einen Vorteil darin, verstärkt Sprachmodelle von Drittanbietern einzusetzen.
Dadurch könne sich das Unternehmen noch stärker auf die Anpassung der Modelle und die Entwicklung neuer Produkterfahrungen für die Nutzer konzentrieren, heißt es in einem Blogpost. Character.AI betont, dass man auch in Zukunft in die eigenen Fähigkeiten zur Modellanpassung investieren werde, gleichzeitig aber die Flexibilität habe, eigene oder extern verfügbare Sprachmodelle zu nutzen.
Google reduziert Wettbewerb und rüstet auf
Die Vereinbarung könnte eine versteckte Teilübernahme von Character.AI durch Google sein. Der Abgang der Gründer und die Lizenzierung der Technologie an Google deuten darauf hin, dass der Suchmaschinenriese sich die Fähigkeiten von Character.AI einverleiben möchte, ohne das Unternehmen komplett zu übernehmen.
Eine vollständige Akquisition hätte wohl kartellrechtliche Fragen aufgeworfen, aber auch das aktuelle Vorgehen dürfte geprüft werden. Character.AI gehörte zu den wenigen erfolgreicheren größeren KI-Plattformen, die sich neben ChatGPT am Markt etablieren konnten. Insbesondere eine junge Zielgruppe soll die personalisierten Chatbots nutzen.
Für Character.AI bedeutet die Vereinbarung eine Kursänderung. Statt ein vollständiges KI-Unternehmen aufzubauen, konzentriert man sich nun mehr auf die Anwendungsebene und die Nutzererfahrung.
Das Vorgehen erinnert stark an Microsoft, das weite Teile des Teams des britischen KI-Start-ups Inflection.ai aufkaufte und dessen CEO, Deepmind-Mitgründer Mustafa Suleyman, zum eigenen CEO of AI machte.
Andererseits ist fraglich, ob sich Character.AI ohne diesen Deal dauerhaft am Markt hätte halten können. Die Kosten für Forschung, Entwicklung und Betrieb sind hoch und die Konkurrenz ist übermächtig. Dass Character.ai verstärkt auf Sprachmodelle von Drittanbietern zurückgreifen will, ist ein Zeichen dafür, dass man sich aus diesem Rennen zurückziehen will.
Auch Elon Musk mit xAI soll eine Übernahme von Character.AI in Betracht gezogen haben. Elon Musk leugnet das zwar auf seiner Plattform X, das bedeutet allerdings nicht viel: Als die 6-Milliarden-Finanzierungsrunde für xAI vorab durch die Financial Times leakte, behauptete Musk ebenfalls, xAI würde keine Finanzierung suchen. Vier Monate später wurde die Finanzierungsrunde dann offiziell.