Google hat seine erste direkte Content-Partnerschaft für einen KI-Chatbot geschlossen. Die Vereinbarung mit der Nachrichtenagentur AP könnte weitreichende Folgen für die Medienlandschaft haben.
Google und die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) haben eine Vereinbarung getroffen, die den KI-Chatbot Gemini mit Echtzeitnachrichten und aktuellen Informationen versorgen soll. Es ist der erste bekannte Deal dieser Art für Google im Bereich künstlicher Intelligenz.
Die Kooperation erweitert laut Google die bestehende Zusammenarbeit zwischen Google und AP, die sich bisher hauptsächlich auf die Anreicherung von Google-Suchergebnissen konzentrierte.
Auch OpenAI hat bereits knapp 20 ähnliche Vereinbarungen geschlossen, Meta hat Reuters als Partner gewählt, Mistral AI die AFP, und die KI-Antwortmaschine Perplexity schließt ebenfalls kleinere Deals mit ausgewählten Publishern zur Beteiligung an zukünftigen Werbeeinnahmen.
Dennoch ist der Schritt von Google von besonderer Bedeutung: Das Unternehmen ist für viele Verlage der mit Abstand wichtigste Traffic-Lieferant.
Mögliche Folgen für die Medienlandschaft
Die Beziehung zwischen Suchmaschinen und Webseiten gilt weitgehend als wechselseitig: Die Suchmaschine profitiert von den Inhalten und monetarisiert sie, während Publisher im Gegenzug Traffic erhalten, den sie monetarisieren können.
Dennoch gab und gibt es in vielen Ländern Konflikte zwischen Google und Verlagen oder Webseitenbetreibern, die eine unbezahlte Aufwertung der Google-Suche durch ihre Inhalte beklagen.
Chatbots als primäre Schnittstelle zum Nutzer würden diese Kritik noch verstärken, da weniger Besucher als direkt über Suchmaschinen auf Webseiten gelangen und es kaum noch eine Gegenleistung von Google für die Nutzung von Inhalten gibt - außer eben einer möglichen direkten Bezahlung.
Entweder werden also auch andere Verlage eine Vergütung für ihre in Gemini ausgespielten Inhalte verlangen oder Google wird bevorzugt Inhalte der AP und möglicher weiterer ausgewählter Partner im Chatbot ausspielen.
Diese "Teile-und-herrsche"-Strategie - die Verlagslandschaft wird durch viele Einzeldeals aufgespalten, bevor gemeinsam vorgegangen wird - haben Technologieunternehmen bereits bei früheren redaktionellen Angeboten auf ihren Plattformen wie Google News und Facebook News durch gezielte Zahlungen angewandt.
Die Folgen solcher Exklusivverträge sind bereits sichtbar: In Deutschland beispielsweise dominieren die Inhalte der Springer-Presse die Suchergebnisse von ChatGPT, da OpenAI einen Deal mit Springer abgeschlossen hat.
Sollten sich Chatbots als primäre Schnittstelle für Webinhalte etablieren, könnten sie daher die Medienvielfalt gefährden - Technologieplattformen werden nur ausgewählte fair Partner bezahlen und nicht die Vielfalt redaktioneller Angebote finanzieren. Kleinere Angebote haben dann die Wahl, ihre Inhalte an den Chatbot zu verschenken oder unsichtbar zu bleiben - ein klassisches Gefangenendilemma.
Die ohnehin schon starke Abhängigkeit des Journalismus von den großen Tech-Plattformen wird sich im Chatbot-Szenario aller Voraussicht nach noch verstärken.