Künstliche Intelligenz soll helfen, bessere Batterien zu bauen. Erste Ergebnisse in Forschung und Industrie zeigen, dass dieses Vorhaben gelingen könnte.
Schnellladende Batterien gelten als kritisch für die Verbreitung elektrischer Autos: Lange Wartezeiten an der Ladesäule sind für Käufer wenig attraktiv und durchkreuzen so die Pläne, Elektromobilität in der Breite zu etablieren. Ebenso gilt die massenhafte Speicherung von Energie in Batterien als wichtige Zukunftstechnologie für die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien in der Energieversorgung.
Die Entwicklung neuer Batterien ist jedoch kosten- und zeitaufwendig. Eine schnellladende Batterie muss etwa eine gute Balance zwischen Aufladegeschwindigkeit und Lebensdauer finden. Doch es gibt unzählige Möglichkeiten, chemische Zusammensetzung, Aufbau und andere Faktoren zu modifizieren – und eine Verbesserung in einem Bereich etwa der Energiedichte führt häufig zu Verlusten in anderen Bereichen wie der Aufladegeschwindigkeit.
Praktisch wird Batterietechnologie dadurch nur in kleinen Schritten über lange Zeit langsam besser. Das bremst auch andere Technologien aus wie das zuvor erwähnte Elektroauto oder alltagstaugliche XR-Brillen, die auf fortschrittliche Batterietechnik angewiesen sind. Künstliche Intelligenz könnte die unzähligen veränderbaren Parameter in der Batterieentwicklung automatisch optimieren und so für schnelleren Fortschritt sorgen.
Forschungsergebnisse in einem Monat statt in zwei Jahren
2019 veröffentlichten Forscher der Universität Stanford, des MIT und des Toyota Research Instituts eine KI, die die Leistung von Lithium-Ionen-Batterien während ihrer Lebenszeit vorhersagen konnte, ohne dass die Batterien experimentell getestet werden mussten. Das war vorher nicht möglich: Batterien mussten unzählige Male geladen und entladen werden, bis ihre Ladekapazität abnahm.
Die Forscher verwendeten für das KI-Training einen Datensatz, für den sie hunderte Batterien entluden. Die KI lernte aus dem Leistungsabfall der Batterien, Vorhersagen für andere Batteriearchitekturen zu treffen.
Anfang des Jahres zeigten die Forscher dann eine neue KI-Entdeckung: Die optimale Methode, eine Lithium-Ionen-Batterie in zehn Minuten zu laden. In der Veröffentlichung im Fachjournal Nature schreiben die Forscher um den Materialwissenschaftler William Chueh, man habe dank der KI das optimierte Ladeprotokoll in weniger als einem Monat gefunden. Gleichwertige Ergebnisse entstünden sonst in zwei Jahren Forschung, so Chueh.
Automatisierte Suche im unendlichen Materialraum
Abseits der Batterie-Lebenszeitvorhersage oder schnellerer Ladezeit versuchen Forscher des amerikanischen Argonne National Laboratory, mit KI direkt neue Stoffe für Elektrolyten zu finden. Die Forscher bauen dafür eine Datenbank mit Molekülen auf, die eine Künstliche Intelligenz nach passenden Elektrolyt-Kandidaten für eine bessere Batterieleistung durchsucht. Dafür fangen die Forscher mit kleinen Molekülen an und setzten darauf, dass die KI auf dieser Basis lernt, komplexere Moleküle einzuschätzen.
"Unser Ziel ist es, KI-Methoden einzusetzen, um den im Prinzip unendlichen Raum möglicher Materialien zu durchsuchen", sagt Ian Foster, Direktor des Argonne National Laboratory. Bisher sei dieser Prozess eher mit der Versuch-und-Irrtum-Methode gelaufen.
Noch hat das Team kein neues Material entdeckt, die Forschung steht gerade am Anfang. Doch sobald die KI einen Elektrolyt-Kandidaten entdeckt hat, soll daraus eine Batterie gebaut und getestet werden. Die dabei gewonnenen Daten sollen die KI weiter verbessern.
Konkurrenz erschwert die Kooperation
Ein großes Problem sehen Cheuh und Foster im Mangel an Daten: Bisher werden Batteriedaten nicht frei zwischen Forschern und Unternehmen getauscht – zu wertvoll sind die Informationen für ein mögliches Produkt.
Mit ihrer Forschungsarbeit von 2019 veröffentlichten Cheuh und Kollegen jedoch ihren kompletten Datensatz. Es ist der bis dato größte Satz an Batterieleistungsdaten.
Foster und andere Batterieforscher suchen einen Weg abseits von Open Source: Die Plattform Data Station soll Forschern helfen, KI-Modelle gemeinsam zu trainieren, ohne die wertvollen Daten teilen zu müssen. So behält jedes Team seine internen Daten für sich und dennoch profitieren alle Forscher davon.
Data Station erlaubt Forschern ein KI-Modell mit einer Sammlung von Datensätzen verschiedener Gruppen zu trainieren, ohne dass eine Gruppe dafür direkten Zugriff auf ihre Daten freigeben muss. Dafür wird ein KI-Modell auf die Plattform hochgeladen, mit den gesammelten Daten trainiert und an die einzelnen Gruppen fertig trainiert zurückgegeben. So kennen die Forscher den genauen Inhalt der Trainingsdaten zwar nicht, können aber testen, ob die KI besser in ihrer Aufgabe geworden ist.
Erste KI-Erfolge in Forschung und Industrie
Bereits jetzt gibt es erste Erfolge der KI-Unterstützung in der Batterieforschung: KI hat geholfen, neue Stabilisatoren für Lithium-Metall-Anoden zu entwickeln, potenzielle Kathodenschichten zu entdecken, Batteriemanagementsysteme zu verbessern oder mathematische Modelle von Batterien zu konzipieren.
Die slowakische Firma InoBat nutzt KI für die Entwicklung vollständiger Batterien statt einzelner Verbesserungen. Die Firma setzt auf eine KI-gestützte Forschungsplattform, die schnelle Prototypen mit neuer chemischer Zusammensetzung entwirft und ihre Leistung vorhersagt.
Diese Methode sei zehnmal schneller als der traditionelle Weg, sagt InoBats Geschäftsführer Marian Bocek. Eine erste "intelligente Batterie" stellte InoBat kürzlich vor. Sie soll die Reichweite aktueller elektrischer Fahrzeuge um bis zu 20 Prozent steigern.
Eine erste Produktionsanlage für die KI-designten Batterien will InoBat bis Ende nächsten Jahres starten. Bis die erste KI-Batterie in vielen Elektroautos steckt, wird es aber wohl noch dauern: Die geplante Anlage hat etwa ein halbes Prozent der Produktionskapazität von Teslas Gigafactory in Nevada. Eine größere Fabrik soll dann in fünf Jahren in Betrieb gehen.
Via: Wired