Künstliche Intelligenz soll die medizinische Diagnostik revolutionieren. KI-Start-ups und etablierte Unternehmen erhalten dafür Millioneninvestitionen.
KI-Systeme können große Datenmengen detailliert auswerten und Muster darin erkennen. In der medizinischen Diagnostik spielt KI zum Beispiel bei der Auswertung und der Generierung von Bildmaterial eine Rolle oder bei der Medikamentenentwicklung.
Googles KI-Schwester Deepmind beispielsweise stellte im August ein System für KI-gestützte MRTs vor, das bis zu viermal schneller arbeitet als herkömmliche MRTs - ohne nennenswert an Bildqualität zu verlieren.
Unter anderem kündigte die britische Regierung hohe Millioneninvestitionen für KI in der Medizin an, mit dem Ziel, das eigene Gesundheitssystem zu sanieren. Die Technologie soll potenziell Milliarden einsparen, indem sie beispielsweise Diagnoseverfahren beschleunigt, Krankheiten früher erkennt oder bei der organisatorischen Planung des Gesundheitssystems unterstützt.
Natürlich vermuten Investoren hier das große Geld und stellen Start-ups sowie etablierten Unternehmen reichlich Kapital zur Verfügung. Es folgen einige Beispiele.
Hunderte Millionen fließen in medizinische KI
Das 2010 gegründete Unternehmen Alivecore beispielsweise will mit Algorithmen Vorhofflimmern, Bradykardie, Tachykardie und andere gesundheitliche Probleme anhand von Herzfrequenzmessungen erkennen - die Diagnose erfolgt denkbar einfach per Blutdruckmessgerät und App-Auswertung. 65 Millionen US-Dollar fließen von Investoren jetzt für die Markteinführung.
34 Millionen US-Dollar stellen Investoren aktuell bereit für die Markteinführung einer KI-Automatik für die Erkennung von Eierstockkrebs anhand der Analyse von Glykoproteinen, die das Start-up InterVenn Biosciences entwickelt.
Das Start-up verspricht eine "leistungsstarke neue Klasse von Krebsdiagnostika auf der Grundlage der Glykobiologie" und einen "dramatischen positiven Einfluss auf die menschliche Gesundheit". Das System von InterVenn soll auch beim Design klinischer Studien unterstützen. Seit der Gründung im März 2017 steuerten Investoren knapp 80 Millionen US-Dollar bei.
Auch das 2016 in London gegründete Start-up Kheiron Medical Technologies will bei der Krebsfrüherkennung helfen. Der Ansatz ist allerdings ein anderer: Kheirons KI-Technologie soll Anzeichen für eine Krebserkrankung frühzeitig auf Röntgenbildern erkennen. Spezialisiert hat sich Kheiron zunächst auf Brustkrebs.
Im letzten Herbst erhielt Kheiron eine Förderung über 22 Millionen US-Dollar sowie im September 2020 eine Auszeichnung der britischen Regierung für KI-Innovation in der Medizin, die weitere Gelder bringt.
Viz.ai: KI-gestützte Schlaganfalldiagnose ist schon im Einsatz
In einer ähnlichen finanziellen Größenordnung wie die zuvor genannten Projekte spielt das 2014 gegründete Unternehmen Healx: Es entwickelt eine KI-Plattform, die bei der Medikamentenentwicklung für seltene Krankheiten helfen soll.
Investoren stellten im Herbst 2019 56 Millionen US-Dollar für die Fortentwicklung der Plattform zur Verfügung. Insgesamt flossen seit der Gründung bislang rund 68 Millionen US-Dollar.
Ebenfalls im letzten Herbst erhielt das Startup-up Viz.ai rund 50 Millionen US-Dollar für die Entwicklung eines KI-Systems, das anhand von Hirnscans Anzeichen für einen Schlaganfall früh erkennen soll. Es soll Neurologen innerhalb von Minuten alarmieren können, falls ein Risiko besteht.
Die Software von Viz.ai hat bereits die FDA-Zulassung erhalten und wird laut der Firma an mehr als 300 Krankenhäusern in den USA eingesetzt. Seit der Gründung 2016 sammelte Viz.ai insgesamt rund 80 Millionen US-Dollar ein.
Ein Geldgeber von Viz.ai begründet die eigene Entscheidung, Millionen in das Start-up zu stecken: Viz.ai sei die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Angesichts steigender Kosten und einem Fokus auf eine wertebasierte Versorgung müsse der Schwerpunkt auf der "qualitativ hochwertigsten Versorgung in der kürzest möglichen Zeit bei einer gleichzeitigen Reduktion der Kosten" liegen.
Für ein solch ambitioniertes Unterfangen braucht es tatsächlich eine Revolution des Gesundheitssystems.
20 Millionen US-Dollar für KI-Zellerkennung
Das Silicon Valley Start-up Deepcell, eine Ausgründung der Stanford Universität aus 2017, will mit KI-Bildanalyse Zellen ganzheitlich anhand visueller Merkmale verlässlich identifizieren und sortieren ohne vorherige Hypothese. Investoren wie Andreessen Horowitz stellen dafür 20 Millionen US-Dollar bereit.
Grundlage bilden vortrainierte Computer-Vision-Modelle, Mikrofluidik und hochauflösende bildgebende Sensoren: Die KI erkennt winzige morphologische Unterschiede zwischen Zellen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Durch maschinelles Lernen soll das System kontinuierlich besser werden.
Forscher sollen über Deepcells Technologie Zugang haben zu zellspezifischen Informationen wie RNA, Epigenetik und Proteingehalt. Laut Deepcell kann die eigene Technologie mit größerer Genauigkeit zwischen Zelltypen differenzieren als herkömmliche Zellisolationstechniken, die auf Antikörperfärbung oder ähnlichen Methoden beruhen. Noch dazu soll Deepcell praktisch jede Art von Zelltyp isolieren können, sogar solche, die sehr selten auftreten mit einer Frequenz von bis zu eins zu einer Milliarde.
Deepcell will die eigene Plattform als Service bereitstellen mit Werkzeugen zur Charakterisierung der Gewebezusammensetzung und zur Anreicherung von Zellpopulationen für weitere Studien. Das soll beispielsweise die Tumorforschung voranbringen und die Entwicklung von Medikamenten und Therapien verbessern.
Titelbild: Alivecore | Zuletzt aktualisiert am 13. Dezember 2020