Ein Pilotprojekt in Nigeria hat gezeigt, dass Schüler:innen mithilfe von generativer KI in kurzer Zeit enorme Lernfortschritte erzielen können. Lehrkräfte spielten dabei eine wichtige unterstützende Rolle.
An dem Pilotprojekt nahmen Schüler:innen im Bundesstaat Edo teil. Sie nutzten zweimal pro Woche Microsoft Copilot als virtuellen Tutor, um ihre Englischkenntnisse und digitalen Fähigkeiten zu verbessern. Die Lehrer:innen unterstützten sie dabei, indem sie Themen und Schreibaufgaben vorgaben.
Nach Abschluss des sechswöchigen Programms absolvierten die Schüler:innen einen analogen Test mit Papier und Stift. Die Auswertung ergab, dass sich ihre Testergebnisse im Vergleich zur Kontrollgruppe um 0,3 Standardabweichungen verbessert hatten, was fast zwei zusätzlichen Lernjahren entspricht.
KI half insbesondere Mädchen
Besonders bemerkenswert ist, dass alle Schüler:innen von dem Programm profitierten, nicht nur die leistungsstärksten. Mädchen, die anfangs schlechter abschnitten als Jungen, machten durch das KI-Tutoring besonders große Fortschritte und konnten so Rückstände aufholen.
Viele der teilnehmenden Schüler:innen hatten zuvor noch nie einen Computer benutzt. Sie mussten zunächst lernen, wie man einen PC bedient und mit dem KI-System interagiert. Angesichts dessen sind die erzielten Lernfortschritte umso bemerkenswerter.
Die positiven Auswirkungen beschränkten sich nicht auf die im Programm behandelten Themen. Auch in späteren Abschlussprüfungen in anderen Fächern erzielten die Schüler:innen bessere Ergebnisse. Je mehr Sitzungen sie besucht hatten, desto größer war der Nutzen.
KI ersetzt keine Lehrkräfte
Wharton-Professor Ethan Mollick betont die Grenzen der Studie. Es handele sich um ein zeitlich und thematisch begrenztes Projekt. Die wichtige Rolle der Lehrkräfte sei wahrscheinlich essenziell für den Erfolg gewesen. Unabhängige Studien hätten gezeigt, dass die eigenständige Nutzung von KI als Tutor dem Lernen sogar abträglich sein könne, da eine Illusion des Lernens entstehen könne.
Mustafa Suleyman, CEO von Microsoft AI, zeigte sich begeistert. Für ihn sind die Ergebnisse ein Beleg dafür, dass KI Zugang zu Bildung und Chancen für Menschen verbessern könne.
Es bleiben zudem zahlreiche offene Fragen: Welche langfristigen Auswirkungen hat das Programm? Wie entwickelt sich die Interaktion der Schüler:innen mit den KI-Modellen weiter? Und gibt es auch negative, unerwünschte Effekte? Um ähnliche Programme effektiv auszuweiten, müssten diese Fragen durch weitere Untersuchungen geklärt werden, schreibt das Forschungsteam.
KI als Chance und Herausforderung für die Bildung
KI in der Schule und der Bildung hat gleichermaßen Potenziale wie Risiken. Einerseits können KI-Anwendungen Schülerinnen und Schüler in ihrem schulischen und außerschulischen Lernen unterstützen, etwa wie in der Studie als persönlicher Lerntutor oder adaptive Lernumgebung. Gerade Jugendliche mit Lernschwierigkeiten könnten von KI-Tools profitieren, um Aufgaben besser zu planen und zu bewältigen.
Andererseits besteht die Gefahr, dass ein ungleicher Zugang und fehlende Handlungskompetenzen die soziale Spaltung und Bildungsungerechtigkeit in Deutschland verschärfen. Zudem könnten negative Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung ohnehin benachteiligter Jugendlicher entstehen, wenn KI-Tools als Lernersatz eingesetzt werden.
Schulen benötigen Freiräume, um mit KI-Tools zu experimentieren und Praxisbeispiele zu entwickeln. Statt KI zu verbieten, sollte der Umgang damit gelehrt werden. Allerdings sind Lehrkräfte in einem festgefahrenen Bildungssystem mit vorgegebenen Methoden und Zielen gefangen.