Ein KI-System soll am Atemmuster einer Person erkennen, ob eine Parkinson-Erkrankung vorliegt und mit welchem Schweregrad. Das System könnte zu besseren Behandlungen führen und auch bei der Früherkennung helfen.
Die Parkinson-Diagnose ist eine medizinische Herausforderung, da es keine wirksamen Biomarker gibt. KI-Forschende des MIT rund um die Forscherin Dina Katabi wollen dieses Problem mit einem KI-System lösen, das nächtliche Atemmuster analysiert.
Atmungsdaten als Parkinson-Indikator
"Ein Zusammenhang zwischen der Parkinson-Krankheit und der Atmung wurde bereits 1817 in der Arbeit von Dr. James Parkinson festgestellt. Das hat uns dazu motiviert, über die Möglichkeit nachzudenken, die Krankheit anhand der Atmung zu erkennen, ohne auf die Bewegungen zu achten", sagt Katabi.
Atemsymptome könnten sich Jahre vor motorischen Symptomen manifestieren, so Katabi. Daher seien Atemmerkmale vielversprechend für die Risikobewertung vor der Parkinson-Diagnose.
Die Forscher trainierten ihr KI-System mit gesammelten Atmungsdaten von mehr als 7600 Menschen, von denen rund 750 an Parkinson litten. Sie entwickelten für ihre Studie ein Gerät, das Atmungsdaten berührungslos anhand von Radiowellen erfasst, die während des Schlafs vom Körper einer Person zurückgeworfen werden. Die kleine Box wird dafür einfach in der Nähe des Patientenbetts platziert. Alternativ kann die untersuchte Person einen Atmungsgürtel tragen.
Parkinson-Diagnose über Nacht und daheim
Das trainierte neuronale Netz verwendet eine Aufmerksamkeitsebene, mit der es die eigenen Vorhersagen in Bezug auf die Atmung im Schlaf und das Elektroenzephalogramm interpretieren kann.
Laut der Studienergebnisse kann das KI-Modell in den eigenen und in externen Testdatensätzen Morbus Parkinson mit einer Genauigkeit von bis zu 90 Prozent erkennen. Für diese Diagnosefähigkeit reichen die Atmungsdaten einer Nacht. Mit den Daten von zwölf Nächten erreicht das System eine Genauigkeit von bis zu 95 Prozent.

"Diese Arbeit liefert Beweise dafür, dass KI Menschen mit Morbus Parkinson anhand ihrer nächtlichen Atmung identifizieren und den Schweregrad und das Fortschreiten der Krankheit genau beurteilen kann. Wichtig ist, dass wir unsere Ergebnisse in einer unabhängigen externen Morbus-Parkinson-Kohorte validieren konnten. Die Ergebnisse zeigen das Potenzial eines neuen digitalen Biomarkers für Parkinson", schreiben die Forschenden.
Potenzial für die Früherkennung von Parkinson
Das Team sieht mehrere Vorteile in dem System: Es könne die Kosten und Dauer von klinischen Studien zu Parkinson reduzieren und so die Entwicklung von Medikamenten beschleunigen. Durch die einfache Diagnose und Überwachung im eigenen Zuhause könnten zudem Menschen außerhalb von Ballungszentren per Ferndiagnose ebenfalls von Spezialisten behandelt werden.
Zudem könne das KI-System bei der Früherkennung von Parkinson helfen, die derzeit noch auf das Auftreten motorischer Signale angewiesen sei. Diese würden allerdings erst auftreten, wenn 50 bis 80 Prozent der dopaminergen Neuronen bereits degeneriert sind.
"Unser System zeigt erste Hinweise darauf, dass es potenziell eine Risikobewertung vor dem Auftreten klinischer motorischer Symptome ermöglichen könnte", schreiben die Forschenden.
Ferner zeige die Studie das Potenzial von KI in der Medizin, um ungelöste Herausforderungen in der neurowissenschaftlichen Forschung anzugehen und neue Biomarker zu entwickeln. Laut Katabi arbeiten bereits Pharma- und Biotechnik-Unternehmen mit ihrem System.
Das MIT führte die Studie in Zusammenarbeit mit der University of Rochester, der Mayo Clinic und dem Massachusetts General Hospital durch. Die Arbeit wird vom National Institutes of Health gefördert, mit Unterstützung durch die National Science Foundation und die Michael J. Fox Foundation.