Die Streaming-Produktion "Archive" vermischt eine Reihe moralischer Dilemmas zukünftiger Technologien - und erzählt dabei noch eine unterhaltsame Geschichte.
Das Jahr ist 2038. Der Cyber-Ingenieur George Almore (Theo James) forscht für eine Firma an einem Durchbruch in Künstlicher Intelligenz: Roboter sollen klug sein und natürlich mit Menschen interagieren können.
Auf einer abgelegenen Forschungsstation in Japan fokussiert sich Almore ganz auf sein Ziel. Zwei Prototypen hat er bereits entwickelt, die weit mehr können, als er seiner Firma verrät - die aber dennoch auf dem intellektuellen Niveau eines Kleinkindes festhängen.
Der dritte Prototyp soll sein Meisterstück werden: Eine intelligente Androidin, die kaum mehr von einer Frau zu unterscheiden ist, die schmeckt, fühlt und denkt wie ein echter Mensch.
Doch Almore steht in einem Wettlauf mit der Zeit: Sein Forschungsvertrag läuft drei Jahre, zweieinhalb benötigte er für die ersten Prototypen. Und seine Firma ist ihm nicht mehr wohlgesonnen.
Dramatisch ist das, weil Almore mit seiner neuen Androidin ein Ziel verfolgt, das noch größer als ein menschenähnlicher Roboter und eng mit seinem persönlichen Schicksal verwoben ist: Er will das Bewusstsein seiner verstorbenen Frau in den Roboterkörper transportieren, also Unsterblichkeit kreieren.
Archive: Ex Machina trifft auf Black Mirror
Wie bei Ex Machina stellt Regisseur Gavin Rothery die Frage, was wäre, wenn Maschinen ein Bewusstsein entwickeln. Interessant ist hier das Aufeinandertreffen der unterschiedlich intelligenten Roboter-Prototypen untereinander: Neben der Maschine-Mensch-Beziehung zu ihrem Schöpfer beschreibt Rothery so auch das Verhältnis bewusster Maschinen untereinander.
Die übergreifende Story stiftet das typische Black-Mirror-Szenario, das stets die Schnittstelle beschreibt zwischen neuer technischer Möglichkeit und aus ihr resultierender moralischer Ambivalenz: Das Bewusstsein von Rotherys verstorbener Frau wird in einer Art Hightech-Sarkophag gegen ihren Willen gefangengehalten, bis der Ingenieur seine Technologie ausentwickelt hat und bereit ist für den Transfer.
Noch dazu entwickelt parallel die KI der Androidin, die Almore testweise mit Lebensdaten seiner Frau trainierte, eigene Ansprüche an ihre Existenz - und ihren Schöpfer.
Übrigens: Auch Virtual Reality hat einen kurzen Gastauftritt in Rotherys Sci-Fi-Potpourri, der ist allerdings eher amüsant als dystopisch.
Weniger Dystopie ist mehr Erkenntnis
Rothery packt eine Vielzahl moralischer Zwickmühlen zukünftiger Technologien in die rund 110 Minuten Sci-Fi-Thriller. Der Film hebt zu keinem Zeitpunkt den Zeigefinger, beschreibt und zeigt stattdessen und überlässt das Urteil dem Zuschauer.
Dieses Vorgehen wirkt stellenweise wie eine Ausrede, die aufgeworfenen Fragestellungen nicht tiefgründiger zu erforschen. Archive kratzt stets nur an der Oberfläche und eilt von einem Gedanken zum nächsten. Hinzu kommt, dass mitunter überflüssiger Kitsch in die Geschichte einfließt.
Archive fehlt somit die letzte Nachdrücklichkeit zeitloser Werke wie Ex Machina oder Her. Dennoch bietet der Film sehenswerte Sci-Fi-Unterhaltung.
Archive startete im Juli 2020 als Video-on-Demand-Produktion und ist derzeit günstig für 1,90 Euro bei Amazon Prime Video leihbar.
Weitere spannende Filme über Künstliche Intelligenz findet ihr in unserer Liste über Meilensteine der KI-Filmgeschichte. Wenn euch eher nach VR ist, findet ihr hier eine Liste mit tollen Filmen über Virtual Reality.
Bilder: Vertical Entertainment