Nach der kurzzeitigen Entlassung von Sam Altman überdenkt Microsoft angeblich seine Investitionsstrategie bei OpenAI. Das KI-Unternehmen sucht nach alternativen Finanzierungsquellen und Rechenkapazitäten.
Die enge Partnerschaft zwischen Microsoft und OpenAI, die bisher als Vorzeigebeispiel für Kooperation im KI-Sektor galt, zeigt erste Risse. Wie die New York Times berichtet, bat OpenAI-CEO Sam Altman im Herbst 2023 Microsoft-CEO Satya Nadella um weitere Milliarden-Investitionen.
Nadella zeigte sich zunächst offen, änderte seine Meinung aber nach der zwischenzeitlichen Entlassung Altmans im November 2023. Im vertrauten Kreis soll Nadella gesagt haben, der Rauswurf habe ihn schockiert und beunruhigt. Die NYT beruft sich in ihrem Bericht auf insgesamt 19 Quellen, die mit den Vorgängen vertraut seien.
In den folgenden Monaten blieb Microsoft hart, obwohl OpenAI, das für 2024 einen Verlust von fünf Milliarden Dollar erwartet, weiterhin um mehr Geld und Rechenleistung bat. In den vergangenen Wochen soll es OpenAI gelungen sein, die zukünftigen Verträge mit Microsoft so anzupassen, dass die Kosten für die Rechenleistung reduziert werden. Die genauen Konditionen sind nicht bekannt.
Microsoft investiert in den Wettbewerb
Statt weiter in OpenAI zu investieren, kaufte Microsoft für 650 Millionen US-Dollar das Team von Inflection AI des Deepmind-Mitbegründers Mustafa Suleyman. Dieser Schritt sorgte bei OpenAI für Unmut. Einige Führungskräfte und Mitarbeiter, darunter Altman, sollen über die Präsenz von Suleyman bei Microsoft verärgert sein.
Quellen der New York Times zufolge soll es während eines Meetings zu einem Zwischenfall gekommen sein, bei dem Suleyman einen OpenAI-Mitarbeiter angeschrien haben soll, der Microsoft nicht schnell genug mit neuer Technologie versorgt habe. Außerdem sollen Microsoft-Mitarbeiter OpenAI-Software heruntergeladen haben, ohne die dafür vorgesehenen Protokolle zu befolgen.
Auch OpenAI sucht nach Alternativen
Angesichts der angespannten Lage sucht OpenAI nach alternativen Finanzierungsquellen und Rechenkapazitäten. Im Juni 2024 stimmte Microsoft einer Vertragsänderung zu, die es OpenAI ermöglichte, mit Oracle einen Vertrag über 10 Milliarden Dollar für zusätzliche Rechenleistung abzuschließen.
Das Unternehmen verhandelt derzeit mit Oracle über die Anmietung eines kompletten Rechenzentrums in Abilene, Texas. Dieses soll bis Mitte 2026 eine Leistung von einem Gigawatt erreichen und Hunderttausende von Nvidia-KI-Chips beherbergen.
Darüber hinaus hat OpenAI seine Investorenbasis erweitert. Kürzlich schloss das Unternehmen eine Finanzierungsrunde über 6,6 Milliarden Dollar ab, an der neben dem Hauptinvestor Thrive Capital auch Nvidia und MGX, eine von den Vereinigten Arabischen Emiraten kontrollierte Technologie-Investmentgesellschaft, beteiligt waren. Zusätzlich nahm OpenAI einen Kredit über weitere 4 Milliarden US-Dollar auf.
Vergangenheitsbewältigung statt Zukunftsplanung
Die Verhandlungen zwischen OpenAI und Microsoft drehen sich nicht nur um zukünftige Investitionen. Wie das Wall Street Journal berichtet, stehen die beiden Unternehmen vor einer komplexen Aufgabe: Sie müssen einen Weg finden, Microsofts bisherige Investitionen von 13,75 Milliarden Dollar in Eigenkapital umzuwandeln, sollte OpenAI von einer gemeinnützigen in eine gewinnorientierte Organisation umgewandelt werden. Diese Umwandlung ist für OpenAI Pflicht, sonst werden die Zahlungen der aktuellen Investoren hinfällig.
Um diesen heiklen Prozess zu begleiten, haben beide Seiten prominente Unterstützung ins Boot geholt. Microsoft setzt auf die Expertise von Morgan Stanley, während OpenAI die Dienste von Goldman Sachs in Anspruch nimmt. Die Verhandlungen gestalten sich jedoch als Balanceakt, da eine zu starke Beteiligung Microsofts möglicherweise die Aufmerksamkeit von Kartellbehörden auf sich ziehen könnte.
Trotz der offensichtlichen Spannungen bemühen sich beide Unternehmen, nach außen hin Einigkeit zu demonstrieren. In einer Stellungnahme gegenüber der NYT unterstrich Sam Altman die Bedeutung der Partnerschaft für OpenAI. Microsoft sei eine unverzichtbare Stütze gewesen. Altman hob besonders die frühzeitige Unterstützung und die zur Verfügung gestellten Rechenressourcen hervor, die für OpenAIs Forschungsdurchbrüche entscheidend gewesen seien.