Ein polnischer Radiosender ersetzte angeblich Journalisten durch KI-generierte Moderatoren. Nach massiven Protesten wurde das "Experiment" nach nur einer Woche abgebrochen.
Der polnische Radiosender "OFF Radio Kraków" hat ein Experiment mit KI-generierten Radiomoderatoren nach nur einer Woche beendet. Der öffentlich-finanzierte Sender hatte zuvor die Verträge von menschlichen Journalisten nicht verlängert und wollte unmittelbar im Anschluss drei Monate lang mit virtuellen Moderatoren experimentieren. Das Projekt endete schneller.
"Nach einer Woche hatten wir so viele Beobachtungen, Meinungen und Schlussfolgerungen gesammelt, dass wir eine Fortsetzung für sinnlos hielten", erklärt Chefredakteur Marcin Pulit in einer Stellungnahme.
Der ehemalige OFF-Radiojournalist Mateusz Demski hatte zuvor eine Petition gegen das Experiment gestartet, die innerhalb weniger Tage mehr als 23.000 Unterschriften sammelte. Er bezeichnete das Projekt als "gefährlichen Präzedenzfall".
Der polnische Minister für digitale Angelegenheiten und stellvertretende Premierminister Krzysztof Gawkowski forderte auf X eine gesetzliche Regulierung von KI, da "bestimmte Grenzen immer häufiger überschritten werden".
Journalisten wurden nicht wegen KI entlassen
Die heftige Reaktion der Öffentlichkeit hat den Sender überrascht. Offenbar sei sie auf eine allgemeine Angst vieler Menschen gestoßen, durch KI ersetzt zu werden.
Laut Pulit wurden die Journalisten aber nicht wegen KI entlassen, sondern weil die Einschaltquoten "gegen null" gingen. Mit den KI-Moderatoren wollte der Sender primär ein jüngeres Publikum erreichen und über Kultur, Kunst und soziale Themen wie LGBTQ+ berichten.
Wie der Sender mitteilte, wurden drei fiktive KI-Moderatoren der Generation Z geschaffen: die 20-jährige Journalistikstudentin Emilia Nowak, der 22-jährige Akustikingenieur Jakub Zieliński und der 23-jährige Psychologiestudent Alex Szulc.
Die Inhalte wurden von echten Journalisten erstellt, geprüft und dann von der KI vertont. Jeder virtuelle Moderator präsentierte einmal pro Woche eine zweistündige Musiksendung. Die Texte für die Website wurden laut des Radiosenders auf ähnliche Weise erstellt.
"Post-Truth-Mechanismen" stoppen KI-Projekt
Pulit nimmt die Berichterstattung über das Projekt zum Anlass für eine Gegenkritik: Der Radiosender habe am eigenen Leib erfahren, wie "Post-Truth-Mechanismen funktionieren" und "wie Fakten an Bedeutung verlieren im Vergleich zu einer Geschichte, die die Emotionen und persönlichen Überzeugungen des Empfängers anspricht".
Das Projekt wurde von Wissenschaftlern der Kozminski-Universität und der Jagiellonen-Universität begleitet. Es zeige, so Pulit, wie viele Bereiche bisher nicht geregelt seien - vom Schutz von Bildern über das Urheberrecht bis hin zur Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten. Das Radioprojekt liefere Erfahrungen für die Entwicklung von Gesetzen.