KI und Gesellschaft

Sängerin Grimes hat einen Vorschlag für den Umgang mit KI-Stimmklonen

Matthias Bastian
Für Grimes sind KI-Stimmklone in Ordnung, wenn sie damit Geld verdienen kann.

Midjourney prompted by THE DECODER

Für Grimes sind KI-Stimmklone in Ordnung, wenn sie damit Geld verdienen kann.

Die bekannte kanadische Sängerin unterbreitet ihren Vorschlag auf Twitter: Sie würde 50 Prozent ihrer Tantiemen für jeden erfolgreichen KI-Song teilen, der mit ihrer Stimme generiert wird.

Da sie weder an ein Label noch rechtlich gebunden sei, könne sie ihre Stimme frei einsetzen. Den gleichen 50-Prozent-Deal würde sie auch menschlichen Künstlerinnen und Künstlern anbieten.

"Ich finde es cool, mit einer Maschine verschmolzen zu sein, und mir gefällt die Idee, dass alle Kunstwerke frei zugänglich sind und das Urheberrecht abgeschafft wird", schreibt Grimes.

Der Song des Anstoßes

Grimes greift damit zugunsten von KI in die Urheberrechtsdebatte um den Song "Heart on my Sleeve" ein, den der TikTok-Account Ghostwriter977 vergangene Woche unter anderem mit KI-gestützter Stimmklontechnik auf Basis der Sänger "Drake" und "the Weeknd" erstellt hatte. Der Song erreichte innerhalb kürzester Zeit mehrere Millionen Aufrufe bei TikTok und Co - und wurde am Wochenende von Plattformbetreibern wie Spotify und Apple Music gesperrt.

Die Rechteinhaberin Universal Music Group äußert sich gegenüber der Financial Times und spricht von einer "moralischen und kommerziellen Verantwortung" gegenüber den Künstlern, die unerlaubte Nutzung ihrer Musik zu unterbinden.

Damit meint der Musikkonzern sowohl die Generierung von Songs als auch die Nutzung von Originalsongs für das Training von KI-Systemen. "Wir gehen davon aus, dass unsere Plattformpartner verhindern wollen, dass ihre Dienste in einer Weise genutzt werden, die den Künstlern schadet", sagt ein Sprecher der UMG.

Urheberrechtsdebatte um KI erreicht auch die Musikindustrie

Der Vorteil der Musikindustrie, die sich ebenso wie die Kunst-, Grafik- oder Textindustrie mit Fragen der Urheberrechtsverletzung durch KI auseinandersetzen muss, ist die vergleichsweise klare Nachvollziehbarkeit, die bei visueller Kunst deutlich weniger und bei Text fast gar nicht gegeben ist.

Vielleicht ist es daher nur eine Frage der Kommerzialisierung, wie es mit der KI-Musik weitergeht: Wenn Künstler:innen ihren Stil, ihr Profil und ihre Stimme der Community öffnen, wie Grimes es vorschlägt, und dadurch einen größeren und vielfältigeren Output im Sinne ihrer Kunst haben, könnten sie höhere Umsätze generieren.

Es ist sogar denkbar, dass die Originalmusik direkt vom Künstler oder der Künstlerin aufgewertet wird, wenn man davon ausgeht, dass der menschliche Musiker oder die menschliche Musikerin weiterhin von großer Bedeutung ist - als Idol, auf der Bühne, als kreativer Motor. Wenn sich ein kommerzieller Prozess für KI-Fan-Musik etablieren ließe, an dem die Musikindustrie mitverdienen könnte, wäre sie vermutlich nicht abgeneigt.

Steht die Musikindustrie vor der nächsten Revolution?

Problematisch würde KI-Musik in diesem Szenario eher für kleinere und unbekannte Künstler:innen, deren Daten auch Teil des Trainingsmaterials sind und damit zur Optimierung der Systeme beitragen, deren Beitrag aber in den generierten Inhalten nicht nachweisbar ist. Hier müsste die Industrie wohl über Pauschalvergütungen nachdenken.

Auf jeden Fall scheint die Musikindustrie nach dem Start von Napster vor dem nächsten großen Umbruch zu stehen, denn das bestehende System zeigt durch den Erfolg von "Heart on my Sleeve" bereits erste Risse.