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Nach AI Dungeon startet das KI-Start-up Latitude "Voyage", eine experimentelle Plattform für KI-Games - und ein möglicher Gegenentwurf zu Metas Zukunftsvision.

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2019 startete Entwickler Nick Walton früh sein AI Dungeon Experiment mit OpenAIs Text-KI GPT-2. Mitte 2020 erhielt das KI-Textadventure dann ein Upgrade auf die mächtige Text-KI GPT-3. Waltons Studio Latitude bezeichnete den Einsatz von GPT-3 als "einen Paradigmenwechsel". In der Tat stieg die Qualität der KI-generierten Abenteuer durch GPT-3 deutlich. Zusätzlich erhielt AI Dunogen einen Multiplayer-Modus für Gruppen-Abenteurer.

Im Februar 2021 konnte sich Latitude eine Seed-Finanzierung über 3,3 Millionen US-Dollar sichern. Das Start-up kündigte daraufhin an, weitere KI-basierte Spiele schaffen und eine Plattform entwickeln zu wollen, die es anderen Game-Designer:innen erlaubt, Künstliche Intelligenz für eigene Spiele zu nutzen.

"Mit dieser Technologie könnte man eine Welt mit zehntausenden Charakteren erschaffen, die ihre eigenen Hoffnungen und Träume haben. Du könntest Welten haben, die dynamisch und lebendig sind. Nicht wie World of Warcraft, in der zehn Millionen Menschen die gleiche Quest machen", so Walton.

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AI Dungeon und die dunkle Seite der Text-KIs

Im April 2021 deckte dann ein Monitoring-System von OpenAI auf, dass manche Spieler mit GPT-3 absichtlich Vergewaltigungsszenarien mit Minderjährigen generierten. OpenAIs CEO Sam Altman distanzierte sich von AI Dungeon: „Das ist nicht die Zukunft für Künstliche Intelligenz, die sich jeder von uns wünscht.“

Das KI-Unternehmen forderte Latitude auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ende April installierte Latitude daher ein neues Filtersystem gegen Missbrauchsszenarien. Die Beschränkungen waren jedoch so weitläufig, dass sie auch andere Inhalte blockierten. Neben dem Filtersystem sollten Verdachtsfälle zusätzlich automatisch aufgespürt und manuell überprüft werden.

Das wiederum führte zu Widerstand in der Community, da Nutzer:innen teils sensible Gespräche mit KI-Figuren führten oder ihre legalen sexuellen Fantasien auslebten. Die Restriktionen und Kontrollen ließen alternative Systeme wie Novel.AI oder pone.dev entstehen, die auf Open-Source-Sprachmodelle setzen.

Latitude einigt sich mit OpenAI

Im November öffnete OpenAI GPT-3 für alle und stellte das erste Mal Regeln für die Nutzung der KI-Plattform vor. Mit dabei: ein Verbot von sexuellen Inhalten.

Diese Regeln waren wohl bereits zwischen Latitude und OpenAI kommuniziert worden, denn schon im August 2021 verkündete das Studio eine Einigung mit OpenAI. Anfragen, die OpenAI blockt, werden an alternativ implementierte Text-KIs versendet. Das solle Nutzer:innen mehr Freiheit in ihren Abenteuern geben. Weitere Verbesserungen für diese alternativen Text-KIs sind geplant.

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Im Hintergrund werkelt das Pixray-Modell und generiert Bilder zu Ereignissen. | Bild: Latitude

Als Entschädigung erhielten Nutzer:innen der GPT-3-Variante Zugriff auf eine erste Version von "AI Dungeon 2D": Hier generiert ein KI-Modell passende Bilder zur Handlung. Allerdings nutzt Latitude auch hier Inhaltefilter.

Latitudes Voyage ist der nächste Schritt

Jetzt startet Latitudes neuestes Projekt in die geschlossene Beta. Voyage ist eine experimentelle Plattform für KI-Spiele, die strukturiertere Erfahrungen bieten, als es bei AI Dungeon der Fall ist.

Aktuell findet sich auf Voyage etwa der Titel "Medieval Problems", in dem Spieler:innen ein Königreich über Text-Eingaben führen, oder "Pixel This", ein Party-Spiel, in dem sie den Inhalt eines KI-generierten Bildes erraten können, das sich langsam von Pixelbrei zu deutlicher Darstellung wandelt.

Video: Latitude | Verge

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Für Walton ist Voyage der logische nächste Schritt: KI-Spiele seien aktuell am Beginn ihrer Entwicklung, jetzt gehe das Genre vom Text-Adventure langsam zu 2D-Bildern als Visualisierungen über. Was folgt danach? Vielleicht ja das KI-generierte Metaverse.

Voyage - das Anti-Meta-Konzept?

Das langfristige Ziel Latitudes: Voyage soll Kreative ermächtigen, eigene dynamische und lebendige Welten zu gestalten, deren Aufbau in der Vergangenheit hunderte Mitarbeiter:innen benötigt hätten.

"Wir wollen Welten, die sich real und lebendig anfühlen, in denen man sich mit den Figuren wie mit einem Freund unterhalten kann und mit denen man sich auf eine Art und Weise verbinden kann, wie es bei der Beschränkung auf ein paar vorgefertigte Optionen nie möglich wäre", heißt es in der Ankündigung von Voyage.

Latitude kritisiert deutlich Metas Metaverse-Vision: "Große Unternehmen geben riesige Summen aus, um ihre Version dieser Zukunft zu entwickeln, um ihre Kontrolle über unsere Daten zu festigen und zunehmend optimierte Werbung zu liefern. Wir alle wissen, wie das endet, und es ist weder die Zukunft, die wir wollen, noch wird sie uns die Vision bringen, die wir verdienen." Der Gegenentwurf des Studios ist eine Community, die die eigenen Nutzer:innen ermächtigt statt entmachtet.

KI-Gaming: Sich dem Chaos hingeben

Im nächsten halben Jahr will Latitude daher die Arbeit an Voyage intensivieren und weitere KI-Modelle integrieren. Die meisten dieser Modelle will Latitude selbst hosten und weniger auf GPT-3 zugreifen, so Walton. Langfristig soll das konsistentere Spielerfahrungen ermöglichen, denn noch sind die KI-Spiele häufig chaotisch.

Bis dahin will Walton das Chaos zum Feature machen: "Wenn man versucht, etwas sehr Ernsthaftes mit KI zu machen, bei dem die Leute ein hohes Maß an Kohärenz erwarten, wird es schwer werden - zumindest bis die Technologie besser wird", so Walton gegenüber The Verge. "Aber wenn man sich auf diesen Aspekt einlässt und es etwas verrückter sein lässt, dann glaube ich, dass man ein unterhaltsames Erlebnis schafft und die Leute von diesen Überraschungen begeistert sind."

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Nutzer:innen von AI Dungeon können sich auf der Warteliste für Voyage registrieren. Unseren eigenen Ausflug in den AI Dungeon könnt ihr im MIXEDCAST #229 nachhören.

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Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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