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Die größte Partnerschaft der KI-Branche steht auf der Kippe. Laut einem Bericht von The Information blockiert Microsoft die Pläne von OpenAI für eine Umstrukturierung, weil es eine Vertragsklausel zur Künstlichen Allgemeinen Intelligenz (AGI) streichen will.

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In der Beziehung zwischen OpenAI und Microsoft haben sich die Spannungen laut einem Bericht von The Information massiv verschärft. Im Zentrum steht eine geplante Umstrukturierung von OpenAIs gewinnorientierter Sparte, die einen Börsengang ermöglichen soll. Microsoft, als größter externer Anteilseigner, verweigert jedoch seine Zustimmung und nutzt sein Veto als Druckmittel. Kürzlich gab es bereits Gerüchte, OpenAI erwäge Microsoft wegen Wettbewerbsverzerrung anzuzeigen.

Der Grund ist unter anderem eine Klausel im Vertrag von 2019, die es OpenAI erlaubt, Microsoft den Zugang zu seiner Technologie zu entziehen, sobald der Vorstand die Entwicklung einer AGI feststellt. OpenAI weigert sich bisher, diese Klausel zu entfernen. OpenAI definiert AGI als Systeme, die Menschen bei den meisten wirtschaftlich wertvollen Arbeiten übertreffen.

AGI-Klausel könnte zu ASI-Klausel werden

Die AGI-Klausel, die bei Vertragsabschluss von Microsoft-Führungskräften noch als "Fantasie" belächelt wurde, ist nun ein zentraler Streitpunkt. Sie sollte ursprünglich sicherstellen, dass eine potenziell weltverändernde Technologie nicht in den Händen eines einzigen profitorientierten Unternehmens landet. Laut dem Bericht prallen dabei auch die Ansichten der CEOs aufeinander. Sam Altman von OpenAI deutet an, dass AGI "in Sichtweite" sei, während Microsofts CEO Satya Nadella dies als "AGI-Hype" und "unsinniges Benchmark-Hacking" abtut. Für Nadella wäre der wahre Maßstab ein jährliches Wachstum der Weltwirtschaft von 10 Prozent.

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Der Bericht deckt aber auch auf, dass ein weitere AGI-Klausel im Vertrag existiert: Laut dem Bericht wurde die ursprüngliche im Zuge der 10-Milliarden-Dollar-Investition 2023 um eine spezifische Definition erweitert: die "Sufficient AGI"-Klausel. Diese würde Microsofts Exklusivrechte beenden, sobald der OpenAI-Vorstand feststellt, dass die KI die "Fähigkeit hat, die maximalen Gewinne zu generieren", auf die Investoren Anspruch haben – eine Summe, die damals für Microsoft 92 Milliarden Dollar betrug, heute aber höher liegt. Entscheidend ist, dass die KI diese Gewinne nicht tatsächlich erwirtschaften muss. Allerdings gibt der Vertrag Microsoft ein Mitspracherecht: Der Konzern muss der Methodik zur Feststellung dieser Fähigkeit zustimmen.

Die Brisanz dieser Klauseln wird durch ein weiteres Vertragsdetail, über das das Wall Street Journal berichtet, verstärkt. Demnach ist es Microsoft durch den Vertrag bis 2030 untersagt, selbst eine AGI zu entwickeln. Dies geht aus Informationen von mit der Angelegenheit vertrauten Personen hervor.

OpenAI fordert laut The Information neben der Zustimmung zur Umstrukturierung auch eine Reduzierung seines 20-prozentigen Umsatzanteils, den es an Microsoft abgibt. Microsoft hingegen will die AGI-Klausel streichen und seine Rechte an OpenAIs geistigem Eigentum über das Vertragsende 2030 hinaus verlängern. Eine mögliche Kompromisslösung, die diskutiert wird, sei die Ersetzung von AGI durch "Künstliche Superintelligenz" (ASI), um die Zielmarke weiter in die Zukunft zu verschieben, so The Information.

Microsoft hat Schwierigkeiten OpenAIs Modelle nachzubauen

Die Partnerschaft, die erfolgreiche Produkte wie den KI-Programmierassistenten GitHub Copilot hervorbrachte, hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer offenen Rivalität entwickelt. Der Bericht nennt mehrere Wendepunkte: Der unerwartete Erfolg von ChatGPT stellte Microsofts eigene KI-Implementierungen in den Schatten, und ab März 2023 konkurrierten beide Unternehmen um dieselben Firmenkunden. Ein weiterer Rückschlag für Microsoft war das Scheitern von OpenAIs effizienterem Modell namens "Arrakis". Dieses sollte Microsoft eigentlich Geld sparen, wenn es OpenAI-Modelle für Produkte wie seinen Bing-Chatbot betreibt. Das Scheitern von Arrakis motivierte Microsoft, mit der Phi-Familie eigene, günstigere Alternativen zu entwickeln. Gleichzeitig wandte sich OpenAI wegen Engpässen bei der Server-Kapazität an Microsofts Konkurrenten und schloss Cloud-Deals mit Oracle und Google.

Ein weiterer ständiger Reibungspunkt ist laut dem Bericht der Zugang zu geistigem Eigentum. Um die Abhängigkeit zu verringern, heuerte Microsoft mit Mustafa Suleyman den CEO des OpenAI-Rivalen Inflection AI an. Suleyman stieß jedoch schnell auf Probleme bei dem Versuch, OpenAIs Modelle zu replizieren. Er soll sich wochenlang darüber beschwert haben, dass OpenAI seinen Vertragspflichten nicht nachkomme, und seine Frustration sogar lautstark gegenüber OpenAIs damaliger CTO Mira Murati geäußert haben. Die selektiven Informationen von OpenAI sollen es Microsofts Teams erschwert haben, Techniken wie das "Chain of Thought Reasoning" nachzuvollziehen. Während die Führungskräfte beider Unternehmen sich täglich treffen, droht Microsoft damit, die Verhandlungen einfach stagnieren zu lassen. Dies würde OpenAIs Börsenpläne durchkreuzen, aber Microsoft seine bestehenden Rechte an Umsatz und zukünftigen Gewinnen sichern.

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Zusammenfassung
  • Die Beziehung zwischen OpenAI und Microsoft steht vor einer Zerreißprobe, weil Microsoft eine Vertragsklausel zur Künstlichen Allgemeinen Intelligenz (AGI) streichen will und seine Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung von OpenAIs gewinnorientierter Sparte verweigert. OpenAI beharrt auf der Klausel, die Microsoft im Fall eines AGI-Durchbruchs den Zugang zu OpenAI-Technologie entziehen würde.
  • Im Vertrag existiert eine weitere, sogenannte "Sufficient AGI"-Klausel, die Microsofts Exklusivrechte beenden würde, sobald OpenAIs Vorstand feststellt, dass die KI die Fähigkeit hat, die maximalen Gewinne für Investoren zu generieren – unabhängig davon, ob diese Gewinne tatsächlich erwirtschaftet werden. Zusätzlich darf Microsoft laut Vertrag bis mindestens 2030 keine eigene AGI entwickeln.
  • Die Partnerschaft ist zunehmend von Rivalität geprägt: Microsoft hat Schwierigkeiten, OpenAIs Modelle nachzubauen, was durch selektive Informationsweitergabe seitens OpenAI verstärkt wird. Beide Unternehmen konkurrieren inzwischen um dieselben Firmenkunden, und Microsoft droht, Verhandlungen zu blockieren, was OpenAIs Börsenpläne gefährden könnte.
Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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