Aus der Einladung zum Tanz mit Google wird wohl eine abgesagte Party: Microsoft-CEO Satya Nadella sprach von Übermut, als er Anfang des Jahres Google mit einem Chatbot Konkurrenz machen wollte.
Anfang Februar 2023 schickte sich Microsoft-CEO Satya Nadella in einem denkwürdigen und oft zitierten Interview mit The Verge an, ein neues Internetzeitalter auszurufen. Mit der ChatGPT-Technologie von OpenAI wollte der Microsoft-Chef Google "zu einem Tanz" herausfordern: Chatbot-Dialoge statt Google-Links sollten das Internet neu sortieren. Die Folge wäre neben klingelnden Kassen bei Microsoft ein neues Internet-Ökosystem gewesen.
Nadella spricht von Chatbot-Übermut
Rund ein halbes Jahr später ist die Diskussion um Chatbots als Ersatz für die Internetsuche zwar nicht vom Tisch, aber abgekühlt. Google selbst hat mit Search Generative Experience den wohl interessantesten Ansatz für KI-Inhalte in der Suche entwickelt, Microsoft hat mit Bing Chat trotz kostenlosem Zugang zu GPT-4 keine Marktanteile gewonnen und ChatGPTs Browsing eignet sich nicht für die Internetsuche, da es noch ungenau und langsam ist.
Im kartellrechtlichen Wettbewerbsverfahren gegen Google schlägt Nadella nun deutlich leisere Töne an. Google, so Nadella vor dem US-Richter, sei so tief in den Nutzungsgewohnheiten verankert, dass Microsoft in einem Teufelskreis gefangen sei und es keine echte Auswahl bei den Suchmaschinen gebe. Die einzige wirkliche Option sei es, die Standardeinstellungen zu ändern, um neue Gewohnheiten zu schaffen.
Der Richter fragte Nadella gezielt nach KI-Innovationen, die Googles Marktposition schwächen könnten. Nadella antwortete, dass trotz seiner Begeisterung für KI in der Suche Googles Sichtbarkeitsvorteil auch in diesem Szenario erhalten bliebe. KI könne zudem bestehende Standards bestätigen und Googles Marktposition weiter stärken.
Seinen optimistischen Auftritt Anfang des Jahres bezeichnete Nadella als "Übermut", mit der Aussicht, aus drei Prozent Marktanteil vielleicht 3,5 Prozent zu machen.
Die Aussagen des Microsoft-CEOs haben natürlich auch strategische Gründe: Würde Nadella vor Gericht mit breiter Brust auftreten und Bing Chat als die nächste Suchrevolution anpreisen, würde das Googles Position im Prozess stärken. Das wiederum dürfte kaum in Nadellas Sinne sein.