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Wie verlässlich kann Künstliche Intelligenz Emotionen in eurem Gesicht erkennen? Testet es mit einem neuen Online-Tool einfach selbst.

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Mit Gesichtsdaten trainierte KI-Systeme können menschliche Gesichter verlässlich identifizieren, das zeigen zahlreiche Demonstrationen und Anwendungen in der Praxis. In Moskau existiert beispielsweise ein Überwachungsnetzwerk aus Kameras, die mittels KI-Software Menschen an vielen Orten wiedererkennen können. Auch in Berlin testet die Bundespolizei KI-Überwachung für Gesichter.

Der nächste techniklogische Schritt ist, dass neben der reinen Identifikation eines Gesichts auch dessen Gesichtsausdruck analysiert wird. So könnten beispielsweise große Gruppen von Menschen auf ihre Stimmung untersucht werden: friedvoll, gut gelaunt oder aufrührerisch und aggressiv. In die Breite skaliert, könnte Emotionserkennung gerade in Städten so zusätzliche Informationen für politische und wirtschaftliche Entscheidungen liefern.

Natürlich funktioniert die Technik, sofern sie denn überhaupt funktioniert, auch für einzelne Personen: Unternehmen könnten Präferenzen ihrer Kunden für bestimmte Produkte oder im Umgang mit ihnen genauer analysieren.

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Menschliche Emotionen sind noch zu komplex für künstliche Intelligenz

Allerdings, und das ist das Problem, stützt sich schon die grundlegende Annahme, dass prototypische Gesichtsausdrücke für ausgewählte Emotionen existieren, auf überholte wissenschaftliche Ansichten.

Natürlich kann KI lernen, beispielsweise hochgezogene Mundwinkel als solche zu erkennen. Nur die Annahme, dass diese automatisch ein Lächeln und damit gute Stimmung bedeuten, läuft zu oft ins Leere. Mein Gesichtsausdruck auf dem folgenden Bild ist jedenfalls nicht mein 99-Prozent-Happy-Face - und dafür braucht ein Mensch (hoffentlich) nur einen Blick.

"American Pyscho"-Fröhlichkeit ist keine KI-Kategorie. | Bild: MIXED
Für diesen Gesichtsausdruck fehlt der KI die Kategorie - "happy" ist sicher falsch. Schreibt den passenden Gesichtsausdruck in die Kommentare und ich komme nicht zu euch nach Hause. | Bild: MIXED

Die physische Erkennung und die Interpretation eines Gesichtsausdrucks sind demnach zwei unterschiedliche Dinge. Die Interpretation unterscheidet sich je nach Kultur, sozialem Kontext oder auch für jedes Individuum anhand individueller Eigenheiten der Gesichtsform und gelernter Ausdrucks- und Verhaltensweisen.

Ignoranz könnte gravierende Folgen haben

Vor gravierenden Fehlinterpretationen von Gesichtsausdrücken wollen die Sozial- und Technologieforscher hinter der Webseite emojify.info warnen: Mit der Browser-App könnt ihr selbst testen, wie gut ein gängiges Emotionserkennungssystem eure Gesichtsausdrücke interpretiert. Die Webseite soll keine persönlichen Daten sammeln und Bilder nur lokal verarbeiten.

Laut Projektleiterin Alexa Hagerty, Forscherin am "Leverhulme Centre for the Future of Intelligence" an der Universität Cambridge, sind Emotionserkennungssysteme trotz ihrer Defizite bereits weit verbreitet, beispielsweise bei der Analyse von Bewerbern oder Kunden, im Kontext der Sicherheit oder in der Bildung.

Empfehlung

Zwar böte die Technologie auch Chancen, diese müssten aber sorgfältig abgewogen werden im Verhältnis zu den Risiken. Zu verlockend ist der einfache Rückschluss von einem Gesichtsausdruck auf ein Gefühl und somit letztlich eine Einstellung oder gar eine Intention. Das Webseiten-Projekt soll zur Aufklärung beitragen und die gesellschaftliche Diskussion unterstützen.

"Ich denke, wir begreifen, gerade dass wir nicht wirklich 'Nutzer' von Technologie sind, sondern Bürger in einer Welt, die zutiefst von Technologie geprägt ist", sagt Hagerty. "Daher brauchen wir die gleiche Art demokratische Rückmeldung von Bürgern zu diesen Technologien, wie wir sie zu anderen wichtigen Dingen in der Gesellschaft bekommen."

Via: The Guardian

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Online-Journalist Matthias ist Gründer und Herausgeber von THE DECODER. Er ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Beziehung zwischen Mensch und Computer grundlegend verändern wird.
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