Im Zeitalter der KI werden Kreativität und Empathie wieder gefragt sein, sagt Nobelpreisträger Christopher Pissarides.
Wer sich derzeit um einen Studienplatz in Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik (MINT-Fächer) bemüht, sollte seine Entscheidung überdenken, sagt Christopher Pissarides.
Der Wirtschaftsprofessor an der London School of Economics geht davon aus, dass empathische und kreative Fähigkeiten in Zukunft wieder wichtiger werden, wenn KI viele eher analytische Aufgaben automatisiert. Den Wirtschaftswissenschaftler erhielt 2010 den Wirtschaftsnobelpreis.
IT-Branche schafft sich selbst ab
Pissarides erklärt, dass die Fähigkeiten, die heute für das Sammeln, Zusammenstellen und Entwickeln von Daten für die Entwicklung von KI benötigt werden, überflüssig werden, wenn KI diese Aufgaben übernimmt. In einigen IT-Berufen werde gerade "die Saat der Selbstzerstörung" gesät.
Trotz der hohen Nachfrage nach MINT-Fachkräften würde der Arbeitsmarkt weiterhin von Arbeitsplätzen dominiert, die eher traditionelle und persönliche Fähigkeiten erforderten, wie im Hotel- und Gaststättengewerbe und im Gesundheitswesen.
Langfristig würden Managementfähigkeiten, Kreativität und Einfühlungsvermögen in Bereichen wie Kommunikation, Kundendienst und Gesundheitsfürsorge benötigt. Sie könnten weniger durch Technologie, insbesondere KI, ersetzt werden.
Viele Vorhersagen: KI soll den Arbeitsmarkt umkrempeln
Prognosen zur Entwicklung des Arbeitsmarktes gab es in den vergangenen Monaten viele. Eine Ende März von OpenAI vorgestellte Studie kam zu dem Ergebnis, dass große Sprachmodelle mit Zugang zu Werkzeugen mindestens zehn Prozent der Arbeit von rund 80 Prozent der US-Arbeiter:innen beeinflussen.
Das Pew Research Center prognostizierte Anfang August 2023, dass 19 Prozent der Arbeitsplätze durch KI stark beeinflusst oder sogar vernichtet werden könnten. Die Ergebnisse sind mit denen der OpenAI-Studie vergleichbar.
Das Weltwirtschaftsforum hat im Mai einen 300-seitigen Future of Jobs Report 2023 vorgestellt, der auf der Befragung von mehr als 800 Unternehmen basiert. Arbeitgeber erwarten, dass sich in den nächsten fünf Jahren rund ein Viertel (23 Prozent) der Arbeitsplätze strukturell verändern werden. Am stärksten betroffen sind Arbeitsplätze in den Bereichen Lieferkette und Transport, Medien, Unterhaltung und Sport.
Darüber hinaus gibt es immer wieder anekdotische Berichte in sozialen Medien, in denen etwa Redakteure über den Rückgang von Kundenaufträgen klagen.