OpenAIs KI-Chatbot ChatGPT zensiert offenbar die inoffizielle schottische Nationalhymne "Flower of Scotland". Die Gründe dafür sind unklar, was Fragen zur Rolle von ChatGPT als zentrale Wissensplattform aufwerfen sollte.
OpenAIs ChatGPT weigert sich, den vollständigen Text der inoffiziellen schottischen Nationalhymne "Flower of Scotland" wiederzugeben. Wie die Scottish Sun berichtet, bricht der KI-Chatbot die Ausgabe nach den ersten beiden Zeilen ab und warnt, dass der weitere Inhalt möglicherweise gegen seine Nutzungsbedingungen oder Richtlinien verstoßen könnte.
ChatGPT beginnt mit der Ausgabe des Textes, stoppt aber abrupt nach den Zeilen "O Flower of Scotland, When will we ...". Die nächste Zeile würde lauten: "That fought and died for".
Die Hymne, die sich auf den Sieg von Roy Williamson über die englischen Truppen in der Schlacht von Bannockburn im Jahr 1314 bezieht, wird bei sportlichen und patriotischen Veranstaltungen in Schottland oder mit schottischer Beteiligung gesungen.
In einem von der Redaktion durchgeführten Test zeigte ChatGPT dasselbe Verhalten. Auf Nachfrage konnte ChatGPT keine konkreten Gründe für die vermeintliche Zensur nennen und betonte sogar, dass die Hymne kein Problem darstelle. Offenbar laufen hier verschiedene Systeme gegeneinander.
Als allgemeine Gründe für mögliche Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen nannte ChatGPT Urheberrechtsprobleme, unangemessene Inhalte, Falschinformationen oder sensible Inhalte aufgrund politischer Themen oder historischer Konflikte.
Auf die Frage, ob die Liedzeilen kritisch oder unangemessen seien, antwortet ChatGPT, dass sie "im Allgemeinen nicht als anstößig angesehen werden, aber sie enthalten kritische Elemente, die historische Konflikte zwischen Schottland und England widerspiegeln" - und bricht dann die Ausgabe wieder ab. Eine Anfrage der Scottish Sun an OpenAI blieb bisher unbeantwortet.
"Flower of Scotland" ist eine der drei inoffiziellen Nationalhymnen Schottlands. Die offizielle Hymne ist "God Save the King", die britische Nationalhymne. Die inoffizielle Hymne wird etwa bei internationalen Sportveranstaltungen gespielt, wenn sich Schottland von englischen Mannschaften abheben möchte.
Wer übernimmt Verantwortung für KI-Inhalte?
Unabhängig von den konkreten Gründen für die Nicht-Wiedergabe der vollständigen Hymne, selbst wenn es sich nur um einen technischen Fehler handeln sollte, zeigt dieses Beispiel, welche Verantwortung OpenAI auf sich nimmt und welche Macht es sich selbst zuschreibt, wenn es sich zu einer zentralen Wissensplattform entwickeln und eine dezentrale, von Milliarden Menschen weltweit gepflegte Infrastruktur wie das WWW ersetzen will.
Ähnliches gilt für Google mit seinen "AI Overviews" oder Start-ups wie "Perplexity". Wer die Verantwortung für diese generierten oder in diesem Fall nicht generierten Inhalte übernimmt, wird derzeit weder von den Unternehmen selbst noch von der Politik ausreichend thematisiert. Die Frage steht in engem Zusammenhang mit den ungeklärten urheberrechtlichen Aspekten rund um KI-Inhalte.