Der deutsche KI-Spezialist Aleph Alpha hat mit Pharia AI einen umfassenden Software-Stack für generative KI präsentiert. Er soll Unternehmen und Behörden helfen, KI-Anwendungen souverän und zukunftssicher zu entwickeln und zu betreiben.
Aleph Alpha hat mit Pharia AI einen neuen Software-Stack für generative KI vorgestellt. Das Ziel ist es laut Gründer Jonas Andrulis, Kunden eine Rundum-Lösung zu bieten, um KI-Anwendungen von der Idee bis zum Produktivbetrieb zu entwickeln.
Pharia AI besteht aus mehreren Komponenten: Pharia Catch hilft Fachexperten, ihr Wissen für die KI-Entwicklung zu strukturieren und zu speichern. Pharia Studio führt Entwickler Schritt für Schritt durch den Prozess, aus diesem Wissen und vortrainierten Modellen anwendungsspezifische KI-Systeme zu erstellen.
Pharia OS kümmert sich um Betrieb und Skalierung dieser Systeme, inklusive Zugriffskontrolle und Monitoring. Der Pharia Assistant bietet eine einfache Oberfläche für Mitarbeiter, um die KI-Funktionen zu nutzen.
Aleph Alpha betont, dass der Stack Kunden Souveränität und Zukunftssicherheit bieten soll. So lassen sich die Systeme flexibel in der Cloud oder On-Premises betreiben und mit eigenen Daten trainieren. Außerdem sollen Kunden immer Zugriff auf die neuesten KI-Innovationen haben, seien es Open-Source-Modelle oder eigene Entwicklungen von Aleph Alpha.
Zu diesen Innovationen gehört beispielsweise eine Methode, mit der Sprachmodelle effizienter an neue Sprachen und Fachgebiete angepasst werden können, ohne die Leistungsfähigkeit in den Ausgangssprachen zu beeinträchtigen. Solche Innovationen entstehen unter anderem durch die Zusammenarbeit von Aleph Alpha mit der Forschung, zum Beispiel an der Technischen Universität Darmstadt. Darüber hinaus arbeitet Aleph Alpha an einer Möglichkeit für Kunden, das Verhalten der Sprachmodelle selbst zu verfeinern und bietet Explainable-AI-Funktionen. Alle Funktionen von Pharia AI sollen in den kommenden Monaten ausgerollt werden und sind teilweise bereits bei ausgewählten Kunden des Unternehmens im Einsatz.
Neben dem Basis-Stack bietet das Unternehmen auch branchenspezifische Lösungen an, etwa für den öffentlichen Sektor oder für Banken und Versicherungen. Ein Beispiel ist Creance AI, ein Joint Venture mit PwC, das Finanzinstituten hilft, Verträge automatisiert auf regulatorische Vorgaben zu prüfen.
Aleph Alpha sieht Partner als zentralen Erfolgsfaktor für die Verbreitung seiner Technologie. Platinum-Partner wie der IT-Dienstleister Materna und PwC unterstützen Kunden bei der Umsetzung von KI-Projekten auf Basis von Pharia AI. Sie heben dabei die Bedeutung europäischer Werte wie Datensouveränität und Transparenz hervor.
Neue Sprachmodelle Pharia-1-LLM veröffentlicht
Mit der 7 Milliarden Parameter umfassenden Sprachmodell-Familie Pharia 1 hat Aleph Alpha passend zum Launch auch neue Grundmodelle veröffentlicht, inklusive Trainingscode und detaillierten Angaben zu Daten und Fähigkeiten. Pharia-1-LLM-7B-control sei flexibel an Nutzerpräferenzen anpassbar, während das Modellverhalten von Pharia-1-LLM-7B-control-aligned für den Umgang mit sensitiven Themen optimiert wurde. Beide Modelle seien in sieben Sprachen trainiert, mit besonderer Optimierung für Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Die Modelle seien auf kurze, prägnante Antworten zugeschnitten und lägen auf Augenhöhe mit den neuesten Open-Source-Sprachmodellen im Bereich von 7 bis 8 Milliarden Parametern. Sie wurden laut Aleph Alpha vollständig in Übereinstimmung mit geltenden EU- und nationalen Gesetzen trainiert und eigneten sich damit für den Unternehmenseinsatz.
Laut Chief Research Officer Yasser Jadidi ist die Modellgröße jedoch nicht entscheidend - wichtiger seien Effizienz und domänenspezifische Optimierung. Dennoch schließt das Unternehmen nicht aus, in Zukunft auch größere Modelle anzubieten. Die Pharia-1-Modelle sind auf Hugging Face verfügbar.
Insgesamt will Aleph Alpha mit Pharia AI nach eigenen Angaben einen neuen Industriestandard für souveräne KI etablieren. Gründer Andrulis sieht sein Unternehmen als einziges europäisches Start-up, das frei von strategischen Beschränkungen durch Investoren sei und so Innovation und Transparenz konsequent vorantreiben könne. In der Vergangenheit hätten potenzielle Geldgeber teils gefordert, weniger Technologie frei zu teilen oder Kunden bei der Wahl der Hardware einzuschränken, etwa auf spezielle GPUs. Solche Kompromisse bei Offenheit und Flexibilität habe Aleph Alpha nicht eingehen wollen, so Andrulis. Stattdessen habe man eine stabile Finanzierung und Gesellschafterstruktur aufgebaut, die es erlaube, die eigenen Werte langfristig hochzuhalten.
Nach eigenen Angaben hatte das Unternehmen im November 2023 insgesamt 470 Millionen Euro eingesammelt, bestehend aus 110 Millionen Euro Eigenkapitalfinanzierung, 300 Millionen Euro Forschungsfinanzierung für die neue Tochter Aleph Alpha Research und 60 Millionen Euro Auftragszusagen. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung entsprach dies mehr als 500 Millionen US-Dollar. Die Kommunikation der Finanzierung im November war vor einigen Wochen in die Kritik geraten, da diese Aufteilung nicht kommuniziert wurde.