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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auf dem KI-Gipfel in Paris die Initiative "InvestAI" vorgestellt. Mit einem Gesamtvolumen von 200 Milliarden Euro soll Europa zu einem weltweit führenden KI-Standort aufsteigen. Doch ist das genug?

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Kernstück der Initiative sind vier KI-Gigafabriken, für die 20 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Diese sollen nach dem Vorbild des CERN als öffentlich-private Partnerschaft organisiert werden und mit rund 100.000 modernsten KI-Chips ausgestattet sein. Laut der EU-Kommission sollen die Anlagen allen Unternehmen offenstehen, um Entwicklungen in Bereichen wie Medizin und Wissenschaft voranzutreiben.

Finanziert wird InvestAI durch einen mehrschichtigen Fonds, wobei die Anschubfinanzierung aus bestehenden EU-Programmen wie "Digitales Europa", "Horizont Europa" und "InvestEU" sowie Beiträgen der Mitgliedstaaten aus ihren Kohäsionsfonds stammt. Die Mischfinanzierung aus Zuschüssen und Kapitalbeteiligungen dient zugleich als Pilotprojekt für strategische Technologien im Rahmen des "Kompasses für Wettbewerbsfähigkeit".

Bereits im Dezember hatte die Kommission die ersten sieben KI-Fabriken angekündigt, die mit 10 Milliarden Euro durch EU und Mitgliedstaaten kofinanziert werden. Diese stellen laut der EU die weltweit größte öffentliche Investition in KI dar und sollen über zehnmal so hohe Privatinvestitionen anstoßen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte kürzlich eine Investitionsinitiative im eigenen Land an. Demnach hätten Unternehmen bereits 109 Milliarden Euro Investitionen in KI geplant.

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Europa im Aufbruch und bereits im Rückstand

InvestAI und andere Projekte sind ein Zeichen dafür, dass die EU aufwacht und auch die jahrelangen Bemühungen verschiedener Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Interessenverbände langsam Früchte tragen. Bereits 2021 nach der Veröffentlichung von GPT-3, also mehr als ein Jahr vor ChatGPT, warnte beispielsweise der deutsche KI-Bundesverband vor einer europäischen Abhängigkeit von amerikanischen KI-Modellen und forderte eine stärkere KI-Infrastruktur. "Wir brauchen ein europäisches CERN für KI", sagte damals Jörg Bienert, Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des KI-Bundesverbands, in einem Interview mit The Decoder.

Trotz der hohen Milliardenbeträge liegt Europa bei den KI-Investitionen noch deutlich hinter den USA zurück. Die großen US-Technologiekonzerne investieren seit einigen Jahren jährlich zweistellige Milliardenbeträge in KI-Infrastruktur und -Entwicklung und planen, ihre Investitionen bis 2025 nochmals deutlich zu erhöhen. Allein die Investitionen von Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta belaufen sich in diesem Jahr auf fast 320 Milliarden US-Dollar. Hinzu kommen weitere Investitionen von Elon Musks xAI, Apple und insbesondere das kürzlich vorgestellte KI-Infrastrukturprojekt Stargate, das in den nächsten Jahren insgesamt 500 Milliarden US-Dollar investieren will. Auch wenn Deepseeks R1 zeigt, dass Rechenleistung allein nicht der Schlüssel zu starken KI-Modellen ist - mehr Rechenleistung wird wahrscheinlich auch weiterhin zu schnelleren Iterationen in der KI-Entwicklung führen.

AGI wird nicht ernst genommen

Kevin Roose, Reporter der New York Times und Teilnehmer des Gipfels, sieht sogar einen deutlichen Stimmungswandel im Vergleich zu den beiden vorangegangenen globalen KI-Gipfeln in Großbritannien und Südkorea. Dort standen noch die möglichen Risiken und Schäden fortgeschrittener KI-Systeme bis hin zur Auslöschung der Menschheit im Mittelpunkt.

In Paris wurden die Bedenken jedoch zugunsten einer optimistischeren Vision des Potenzials der Technologie in den Hintergrund gedrängt. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, die Fähigkeit der KI hervorzuheben, den Fortschritt in Bereichen wie Medizin und Klimawissenschaft zu beschleunigen. Pessimistischere Vorträge über die Risiken der Übernahme von KI wurden meist in inoffizielle Nebenveranstaltungen verbannt und insbesondere Präsident Macron äußerte sich vermehrt besorgt über den Einfluss des EU AI Acts auf die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen KI-Industrie.

Gleichzeitig, so Roose, scheinen die Vorhersagen führender KI-Experten, dass eine AGI bereits in wenigen Jahren Realität werden könnte, von den Entscheidungsträgern auf dem Pariser Gipfel noch nicht vollständig verstanden worden zu sein. Demis Hassabis von Google DeepMind hält eine KI innerhalb von fünf Jahren für möglich, andere Branchenvertreter wie Dario Amodei von Anthropic und Sam Altman von OpenAI sehen den Zeitrahmen noch kürzer. Die politische Diskussion wirke angesichts dieser Prognosen wenig dringlich und bleibe oft vage, so Roose.

Empfehlung

Es wirke, als würden "Politiker zu Pferde versuchen, Sicherheitsgurte an einem vorbeirasenden Lamborghini zu installieren." Die politischen Institutionen bewegten sich einfach in einem völlig anderen Tempo als die Technologie-Entwicklung.

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Zusammenfassung
  • Die EU-Kommission hat auf dem KI-Gipfel in Paris die 200 Milliarden Euro schwere Initiative "InvestAI" vorgestellt, um Europa zu einem führenden KI-Standort zu machen. Kernstück sind vier KI-Gigafabriken mit modernster Ausstattung, die allen Unternehmen offenstehen sollen.
  • Trotz der Milliardeninvestitionen liegt Europa bei KI-Ausgaben noch deutlich hinter den USA zurück. Allein Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta investieren dieses Jahr fast 320 Milliarden Dollar, dazu kommen Projekte wie Elon Musks xAI und das 500-Milliarden-Dollar-Vorhaben Stargate.
  • Auf dem Pariser Gipfel wurden Bedenken zu KI-Risiken zugunsten einer optimistischeren Vision zurückgedrängt.
Quellen
Max ist leitender Redakteur bei THE DECODER. Als studierter Philosoph beschäftigt er sich mit dem Bewusstsein, KI und der Frage, ob Maschinen wirklich denken können oder nur so tun als ob.
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