Update vom 20. Juli 2018:
Facebooks KI-Chef Yann LeCun wehrt sich (via Geekwire) gegen Vorwürfe, dass Facebook den Universitäten KI-Talent klaue und dadurch den Wissenschaftsbetrieb behindere. Universitäten seien Partner, keine Konkurrenz.
Facebook biete Forschern duale Stellen an, bei denen sie parallel sowohl für Facebook arbeiten als auch an der Universität Forschung betreiben könnten. Außerdem rekrutiere Facebook höchstens ein bis zwei Angestellte von einer Universität, um die Arbeit an den Lehrstühlen nicht zu unterbrechen.
"Wir stellen nicht zu viele Forscher in Vollzeit ein. Wir erlauben ihnen, sinnvolle Forschungspositionen [an den Universitäten] auszuüben und wir beanspruchen nicht sämtliche Rechte an ihrer Arbeit bei uns, sodass die Grenze zwischen Wissenschaftsbetrieb und Facebook-Forschung fließend ist", erklärt LeCun. Facebook-Patente seien für Dritte zugänglich und dürften weiterverarbeitet werden.
Ursprünglicher Artikel vom 8. Juli 2018:
Mit exorbitanten Gehältern sollen Silicon-Valley-Unternehmen talentierte KI-Forscher von den Universitäten weglocken. Für den Wissenschaftsbetrieb könnte das verheerende Folgen haben.
Künstliche Intelligenz wird die nächste große Tech-Revolution, darüber sind sich die Entscheider im Silicon Valley längst einig. Doch es existiert ein großes Hindernis: Es gibt zu wenige Entwickler und Forscher, die das komplexe Fachgebiet durchdringen.
Geschätzt 22.000 KI-Spezialisten sollen am Markt verfügbar sein, Tendenz steigend. Dieser Zahl soll eine deutlich höhere Nachfrage gegenüberstehen.
Die New York Times deckte kürzlich auf, dass schon die Nonprofit-Organisation OpenAI KI-Fachkräften jährliche Spitzengehälter im sechs- bis siebenstelligen Bereich zahlt.
Unternehmen greifen noch tiefer in die Tasche: Der IT-Konzern Oracle soll einer KI-Fachkraft bis zu sechs Millionen US-Dollar Jahresgehalt geboten haben.
Schwer zu schlagen: Von der Uni in den Porsche
Jetzt berichtet erneut die New York Times, dass die Talentsauger aus dem Silicon Valley schon direkt an den Universitäten ansetzen - und dadurch den Wissenschaftsbetrieb gefährden.
Der auf Stimmerkennung spezialisierte KI-Forscher Steve Young von der renommierten Cambridge Universität in England sagt der New York Times, dass es "fast unmöglich" sei, qualifiziertes Personal zu finden, das die nächste Generation KI-Spezialisten ausbilden will.
Die Universität könne nicht mit den hohen Gehältern der freien Wirtschaft konkurrieren. Laut Young könnte das "verheerende Konsequenzen" für die universitäre Ausbildung und Forschung haben.
Ist Europa konkurrenzfähig?
Wenn schon die Cambridge Universität nicht konkurrenzfähig ist, dürfte es anderen europäischen Universitäten erst recht schwerfallen, talentierte Spezialisten in den eigenen Reihen zu halten. Die Folge könnte eine weitere Machtverschiebung zugunsten der Silicon-Valley-Konzerne und den USA sein.
Zuletzt forderten europäische Spitzenforscher ein länderübergreifendes Spitzeninstitut für Künstliche Intelligenz. Der Vorschlag sieht vor, dass in den einzelnen Staaten Labore gegründet werden, die über einen zwischenstaatlichen Vertrag miteinander verbunden sind und Studierenden einen Master- und Doktorabschluss in maschinellem Lernen anbieten.
Das Institut beantwortet allerdings nicht die Frage, wie zumindest ein Teil der teuer ausgebildeten KI-Fachkräfte an europäischen Universitäten gehalten werden kann.