Eine Analyse von The Information auf Basis interner Finanzdaten zeigt: OpenAI könnte in diesem Jahr bis zu 5 Milliarden Dollar Verlust machen. Auch der Rivale Anthropic verliert Milliarden.
Laut einer Analyse von The Information auf Basis interner Finanzdaten könnte OpenAI in diesem Jahr bis zu 5 Milliarden Dollar Verlust machen. Die Kosten für das Training von KI-Modellen und den Betrieb der Inferenz könnten demnach 7 Milliarden Dollar erreichen.
Insbesondere die Inferenzkosten dürften weiter steigen, wenn Apple die ChatGPT-Integration ausrollt. Hinzu kommen Personalkosten von bis zu 1,5 Milliarden Dollar.
Fast 4 Milliarden Dollar gibt OpenAI dabei allein für die Miete von Microsoft-Servern aus - und das, obwohl das Unternehmen bereits einen Rabatt auf die Rechenleistung erhält (1,30 Dollar pro Nvidia-A100-Chip pro Stunde).
Das stützt die These, dass Microsofts großes Interesse an KI und die Investitionen in KI-Start-ups vor allem mit dem Wachstum der eigenen Cloud-Plattform Azure zusammenhängen. Microsofts eigene KI-Produkte wie Copilot oder Bing-Integrationen sind im Vergleich dazu Flops.
OpenAIs KI-Trainingskosten, einschließlich der Bezahlung von Daten, könnten auf bis zu 3 Milliarden Dollar ansteigen. Derzeit beschäftigt das Unternehmen rund 1.500 Mitarbeiter und will weiter wachsen. Laut The Information könnten die Ausgaben für Personal bis Jahresende bei 1,5 Milliarden US-Dollar liegen.
Insgesamt könnten sich die Betriebskosten von OpenAI in diesem Jahr auf bis zu 8,5 Milliarden Dollar belaufen. Dem stehen Einnahmen in Höhe von 3,5 bis 4,5 Milliarden Dollar gegenüber, abhängig vom Umsatz in der zweiten Jahreshälfte.
Bei Anthropic sieht es auf niedrigerem Niveau noch schlechter aus. Laut einer Person, die mit den Zahlen vertraut ist, geht Anthropic davon aus, in diesem Jahr mehr als 2,7 Milliarden Dollar auszugeben - bei einem Umsatz, der nur ein Fünftel bis ein Zehntel des Umsatzes von OpenAI beträgt. Allein für die Rechenkosten veranschlagte das Start-up 2,5 Milliarden Dollar.
Gleichzeitig prognostizierte Anthropic, bis Ende dieses Jahres einen annualisierten Umsatz von etwa 800 Millionen Dollar oder 67 Millionen Dollar pro Monat zu erreichen. Die Einnahmen muss Anthropic jedoch mit Amazon teilen.
Zweifel an ökonomischer Sinnhaftigkeit großer KI-Modelle wächst
Der kostenintensiven Entwicklung und dem Betrieb von KI-Modellen steht ein starker Wettbewerb gegenüber, nicht nur zwischen Anthropic und OpenAI. Meta mischt mit Open-Source-Modellen mit, und auch kleinere Unternehmen wie Mistral oder Cohere wollen regional in Europa oder in bestimmten Nischen wie B2B-Daten-Chat ein Stück vom Kuchen abhaben.
Unternehmen tun sich jedoch schwer, den Mehrwert von generativer KI in den eigenen Prozessen zu messen, insbesondere wenn sie Chatbot-Systeme pauschal für alle Mitarbeitenden ausrollen, wie es beispielsweise Microsoft mit Copilot anbietet.
Entsprechend kommen erste Zweifel an der wirtschaftlichen Relevanz des aktuellen KI-Marktes auf. Dabei geht es nicht darum, der generativen KI generell den Mehrwert abzusprechen. Die Frage ist nur, ob die Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen.
Mögliche Wachstumshorizonte sind neue Produkte wie OpenAIs SearchGPT, aber ob ein neuer Überraschungshit wie ChatGPT gelingen kann, ist fraglich. Schon Konkurrenzangebote wie Googles Gemini Abo-Angebot konnten am Markt keine Spuren hinterlassen. Vielleicht war ChatGPT ein One-Trick-Pony.
Durch leistungsfähige multimodale Modelle könnten neue Anwendungsfälle entstehen, die zu einer stärkeren Nutzung und damit zu höheren Umsätzen führen. Wenn gleichzeitig die Effizienz gesteigert werden kann, könnten eines Tages auch die Margen stimmen. Aber hier gibt es noch viele Fragezeichen bezüglich Fähigkeiten und Kosten.
Möglicherweise braucht der KI-Markt in seiner heutigen Form erst den großen Durchbruch bei der Skalierung der Logik, um wirklich auf ein ganz neues Niveau zu kommen. Dann würden sich schlagartig neue Automatisierungspotenziale und Geschäftsfelder eröffnen, und grundlegende Probleme heutiger KI-Systeme wie Bullshit könnten gelöst werden.
Das ist wohl die eigentliche Wette von OpenAI-CEO Sam Altman und Co. und der Grund, warum große Unternehmen weiter Milliarden in Forschung und Entwicklung investieren.
Oder wie es Google-CEO Sundar Pichai in der jüngsten Ergebnismitteilung seines Unternehmens ausdrückte: "Das Risiko, hier zu wenig zu investieren, ist für uns dramatisch größer als das Risiko, zu viel zu investieren."