Künstliche Intelligenz

OpenAIs Dota-KI "Five": Alles nur gepfuscht?

Matthias Bastian

Was kümmert es den Löwen, wenn der Mensch nur auf zwei Beinen rennen kann?

Ende August dürfte eine weitere Sensationsnachricht über die Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz durch die Medien rauschen. Denn dann soll OpenAIs neue Team-KI "Five" das Profi-Gamer-Turnier "The International 2018" beim Strategiespiel Dota aufmischen.

Zwar nimmt die Künstliche Intelligenz nicht offiziell am Turnier teil. Sie soll jedoch unter Beweis stellen, dass sie das Gewinner-Team in die Schranken weisen kann. Das nennt man auch Champions League.

Dass die Five-KI das Zeug dazu hat, bewies sie Anfang August, als sie ein Team ehemaliger Profis und ambitionierter Spieler deutlich besiegte. Für diesen Erfolg trainierte die Künstliche Intelligenz über Wochen hinweg intensiv: Am Tag spielte sie so viele simulierte Spiele, wie sonst in 180 Jahre passen würden.

Die besiegten Spieler sprachen der KI nach der Partie ungewöhnliche Strategien und eine hohe Entscheidungsgeschwindigkeit zu. Anders als menschliche Spieler zögerten die fünf KI-Agenten nicht, sich für den Teamerfolg zu opfern.

"Sie spielte anders als alles, das wir zuvor gesehen haben", sagt Austin Walsh, einer der besiegten Spieler. Die KI habe entschieden, als wüsste sie genau, was als Nächstes geschieht.

Die KI braucht keine Augen

Für die OpenAI-Forscher ist der Erfolg ihrer neuesten Errungenschaft ein Schritt hin zu fortschrittlichen KI-Systemen, die "die Komplexität und Unsicherheit der echten Welt meistern kann". Doch ist das wirklich so?

Die Webseite Motherboard weist darauf hin, dass die Five-KI in den Duellen gegen menschliche Mitspieler einen wesentlichen Vorteil hat: Sie zieht die Spieldaten direkt von der Programmierschnittstelle ab.

Bedeutet: Sie muss das Spielgeschehen im ersten Schritt nicht erst visuell erfassen und verarbeiten. Menschen hingegen müssen den Umweg über die Augen nehmen.

Zwar wurden Five nur jene Daten zur Verfügung gestellt, die sie mit Augen ausgestattet theoretisch hätte sehen können. Aber der KI-Wissenschaftler Mark Riedl vom Georgia Institut für Technologie sieht dennoch einen unfairen Vorteil: "Die KI wusste alles, was sie wissen durfte, sofort und ohne Verzögerung", sagt Riedl zu Motherboard.

Für einen fairen Vergleich müsse OpenAI eine KI mit eigenen Augen entwickeln. "Die KI muss das Spielfeld wie Menschen über die Augen erfassen", so Riedl.

Kein Pfusch, aber eine interessante Frage

Die Five-KI aufgrund dieses Vorteils der Mogelei zu bezichtigen, ist nicht zielführend. Künstliche Intelligenz hat zum Digitalen eben eine Schnittstelle, die dem Menschen fehlt. Weshalb sollte sie von diesem Vorteil keinen Gebrauch machen? Genau dafür wird sie doch entwickelt.

Das Szenario ist eine Blaupause für zukünftige KI-Debatten: Künstliche Intelligenz schwimmt wie ein Fisch im Wasser, wenn sie direkt im Computer arbeitet. Die menschliche Sensorik hingegen ist auf die analoge Welt ausgelegt.

Spannend ist die Schnittmenge dieser beiden Welten, in der sich Mensch und KI begegnen. In welche Richtung verschiebt sie sich in den kommenden Jahren: Nähert sich die Künstliche Intelligenz dem Menschen und schafft den Sprung in die analoge Welt? Oder erweitert der Mensch seine eigenen Fähigkeiten um neue Schnittstellen? Denkbar - und wahrscheinlich - sind beide Szenarien.

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