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Unbezahlte Rechnungen, überzogene Versprechungen und Führungschaos: Das einst mit einer Milliarde Dollar bewertete KI-Startup Stability AI steckt in einer existenziellen Krise.

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Das britische KI-Startup Stability AI, bekannt für den beliebten Text-zu-Bild-Generator Stable Diffusion, kämpft ums Überleben.

Gründer und Ex-CEO Emad Mostaque ist nach finanziellen Turbulenzen und internem Druck zurückgetreten, berichtet das US-Magazin Forbes. Erst nach einem dramatischen Schulterschluss der Geldgeber habe Mostaque eingelenkt. Interims-Co-CEOs Shan Shan Wong und Christian Laforte sollen das Ruder herumreißen.

Stability AI hatte im Herbst 2022, kurz nach dem erfolgreichen Start von Stable Diffusion, 101 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt und war mit einer Milliarde Dollar bewertet worden.

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Das Startkapital ist schnell aufgebraucht

Doch hinter der Erfolgsgeschichte verbergen sich zahlreiche Probleme, wie Forbes recherchiert hat. Interne Dokumente und Aussagen von mehr als 30 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden, Investoren und Branchenkennern werfen ein schlechtes Licht auf das Management von Mostaque:

  • Stability AI gab Unsummen für Forschung und Rechenleistung aus, ohne tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln.
  • Rechnungen bei Cloud-Anbietern wie Amazon Web Services in Millionenhöhe blieben unbezahlt.
  • Verhandlungen mit potenziellen Großkunden wie Samsung, Snap und Canva scheiterten.
  • Mostaque überschätzte sich mit unrealistischen Versprechen wie maßgeschneiderten nationalen KI-Modellen.
  • Führungskräfte quittierten frustriert den Dienst, darunter das Kernteam hinter Stable Diffusion.
  • Darüber hinaus steht das Unternehmen durch Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit generativer KI-Modelle, die auf nicht lizenzierten Daten trainiert wurden, unter Druck.
  • Ehemalige und aktuelle Mitarbeiter gehen hart ins Gericht: Mostaque habe Investoren verärgert, Unsinn erzählt, sei unfähig gewesen, Prioritäten zu setzen und habe große Geschäftschancen verpasst.

Laut einer Finanzprognose des Vorstands vom Oktober 2023 standen Ausgaben in Höhe von 153 Millionen Dollar Einnahmen von nur 11 Millionen Dollar für das Kalenderjahr gegenüber. Die liquiden Mittel waren auf weniger als vier Millionen Dollar zusammengeschmolzen. Das Unternehmen überlegte bereits, Steuerzahlungen in Großbritannien zu verschieben, um Gehälter in den USA zahlen zu können.

Die für das Training von Stable Diffusion erforderliche Rechenleistung erwies sich als Hauptkostentreiber und bedrohte die Existenz von Stability AI. Allein für 2023 wurden 99 Millionen US-Dollar an Rechenkosten prognostiziert, hauptsächlich für die Nutzung der AWS-Cloud. Hinzu kommen Personalkosten in Höhe von 54 Millionen Dollar.

Die Investoren Coatue und Lightspeed verloren das Vertrauen und forderten den Verkauf des Unternehmens. Doch Mostaque, der die Mehrheit der Anteile hält, widersetzte sich. Bemühungen um frisches Kapital verliefen im Sand, nur Intel soll noch 20 Millionen Dollar zugeschossen haben - deutlich weniger als die damals behaupteten rund 50 Millionen Dollar.

Auch bei Nvidia versuchte Mostaque sein Glück, doch die Gespräche mit Nvidia-CEO Jensen Huang sollen nach kritischen Nachfragen schnell im Sande verlaufen sein.

Empfehlung

Schafft Stability AI die Wende?

Das Führungsduo Wong und Laforte muss nun dringend die Kosten in den Griff bekommen und Investoren von der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens überzeugen.

Die Uhr tickt: Noch im Februar ging eine Finanzprognose von Einnahmen in Höhe von 5,4 Millionen Dollar aus - bei Kosten von 8 Millionen Dollar.

Die Abwanderung des Kern-Entwicklerteams von Stable Diffusion sowie ausstehende Zahlungen an Amazon, Google und andere Dienstleister verschärften die Krise zusätzlich.

Ob Stability AI noch die Trendwende schaffen kann, ist fraglich. Ohne einen schnellen Verkauf oder frisches Kapital durch einen "weißen Ritter" sehen einige Insider kaum noch Überlebenschancen für das einst hochgejubelte Start-up.

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Mostaque verweist auf die Erfolge - und räumt Fehler ein

Anzumerken ist, dass der Forbes-Bericht nur einseitig die Sicht der Mostaque-Kritiker beleuchtet. Mostaque selbst sagt zu seinem Abgang, er wolle sich dezentraler KI und der Verteilung der Macht widmen, die mit der Entwicklung von KI einhergehe.

Er verweist zudem auf die von Stability AI erzielten Erfolge: "Die meisten Unternehmen, die zwei Jahre alt sind, bauen keine hochmodernen Modelle für mehrere Modalitäten, die die großen Technologieunternehmen mit Hunderten Millionen Downloads schlagen."

Bild: Mostaque via X

Andere Unternehmen im Bereich der generativen KI hätten für einen Bruchteil des Umsatzes viel mehr ausgegeben. "OpenAI hatte sieben Jahre und über eine Milliarde für den Aufbau plus Microsoft."

Mostaque ist aber auch selbstkritisch: Der Fokus auf Umsatz habe erst Ende letzten Jahres begonnen, es habe viele Fehler in der Teamführung und den Prozessen gegeben und er sei als CEO "etwas seltsam" und unbeliebt gewesen.

"Ein guter neuer Business-CEO und es [Stability AI] wird fliegen", schreibt Mostaque. "Wir haben ein Unternehmen aufgebaut, das in den schwierigen Dingen gut war, aber nicht in den leichten."

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Zusammenfassung
  • Das britische KI-Startup Stability AI, Entwickler des populären Text-zu-Bild-Generators Stable Diffusion, steckt in einer existenziellen Krise. Nach finanziellen Turbulenzen und internem Druck trat Gründer Emad Mostaque als CEO zurück.
  • Nach Recherchen von Forbes gab Stability AI Unsummen für Forschung und Rechenleistung aus, ohne tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Rechnungen in Millionenhöhe blieben unbezahlt, Verhandlungen mit Großkunden scheiterten, Manager kündigten frustriert.
  • Das neue Führungsduo Shan Shan Wong und Christian Laforte muss nun dringend die Kosten in den Griff bekommen und Investoren überzeugen. Ohne einen schnellen Verkauf oder frisches Kapital sehen Insider kaum noch Überlebenschancen für das hoch bewertete Start-up. Mostaque verweist auf Erfolge - und sieht Chancen.
Online-Journalist Matthias ist Gründer und Herausgeber von THE DECODER. Er ist davon überzeugt, dass Künstliche Intelligenz die Beziehung zwischen Mensch und Computer grundlegend verändern wird.
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