Eine KI-Studie der Universität Stanford untersucht das evolutionäre Zusammenspiel zwischen künstlichem Körper und Geist – und kommt zu interessanten Ergebnissen.
Die Evolution biologischer Intelligenz ist eine Geschichte der Entstehung intelligenter Agenten, die ihre Umgebung durch ihren Körper manipulieren. Das Zusammenspiel von Körper und Gehirn nimmt dabei eine zentrale Rolle ein: Mit einem Daumen etwa lässt sich die Umgebung leichter manipulieren und komplexe Werkzeuge können geschaffen werden.
Eine neue KI-Studie der Universität Stanford wirft einen Blick auf diese Verknüpfung von Lernen und Evolution. Die Forschenden entwerfen dafür ein Deep Evolutionary Reinforcement Learning (DERL) genanntes Framework, in dem simple digitale Wesen unterschiedlicher Morphologie ums Überleben kämpfen.
KI-Wesen lernen laufen, kriechen, rennen
Die sogenannten "Unimals" sind mit unterschiedlichen Gliedmaßen und Gelenken ausgestattet. Die Wesen lernen anfangs, sich auf einer geraden Fläche fortzubewegen. Erfolglose Varianten werden ausgemustert.
Am Ende dieses Lernprozesses gibt es zahlreiche Versionen der Unimals, die ihre ganze eigenen Fortbewegungsweisen entwickelt haben. Dieses Vorgehen ist aus zahlreichen anderen KI-Forschungsprojekten bekannt.
Das Team aus Stanford hat jedoch zwei Neuerungen am bekannten Prozess vorgenommen: Die Anzahl, Position und Länge der Gliedmaßen wird bei einigen Wesen einer neuen Generation modifiziert. Außerdem lernen alle Wesen in unterschiedlichen Umgebungen und müssen nach ihren ersten Lauferfahrungen neue Aufgaben meistern, etwa über Hügel, Kanten und andere Hindernisse kriechen oder eine Box von einem zum nächsten Punkt bewegen.
Künstliche Evolution schafft leistungsfähigere KI-Körper
Die zehn erfolgreichsten Unimals aus jeder Umgebung mussten anschließend neue Aufgaben erfüllen, etwa ein bisher unbekanntes Terrain überwinden, einen Ball bewegen oder zwischen zwei Punkten patrouillieren. Dabei zeigte sich deutlich, dass Agenten, die sich in komplexeren Umgebungen entwickelt hatten, immer besser darin wurden, neue Aufgaben zu lernen.
Auch die digitalen Körper veränderten sich: Unimals, die bereits Boxen bewegen mussten, entwickelten im Laufe ihrer Evolution zangenähnliche Vorwüchse. Sie lernten außerdem schneller, Bälle zu bewegen. Wesen, die in schwierigem Gelände aufwuchsen, konnten sich effektiver und schneller fortbewegen. Diese körperlich spezialisierten Unimals erfüllen ihre Aufgaben also nicht nur besser – sie lernen sie dank ihres Körpers auch deutlich schneller.
„Im Wesentlichen stellen wir fest, dass die Evolution rasch Morphologien auswählt, die schneller lernen, wodurch Verhaltensweisen, die spät im Leben der frühen Vorfahren gelernt wurden, früh im Leben ihrer Nachkommen zum Ausdruck kommen“, heißt es in der Forschungsarbeit.
Das Projekt öffne die Tür für zukünftige KI-Experimente, die neue Einblicke in das Zusammenspiel von Lernen und Evolution ermöglichen sollen, schreiben die Forschenden. Mit komplexeren Simulationen und stärkerer Hardware könnten so intelligente Agenten mit Körpern entstehen.
Der Code zum Unimal-Projekt ist auf Github verfügbar.