Die Vereinigten Arabischen Emirate setzen auf ein KI-gestütztes Gesetzgebungsökosystem, das Gesetze in Echtzeit analysieren und aktualisieren soll. Die Regierung spricht von einem Paradigmenwechsel.
Die Vereinigten Arabischen Emirate planen laut einem Bericht der Financial Times und ergänzenden Angaben der Regierung den Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Ausarbeitung neuer Gesetze und zur Überprüfung bestehender Regelungen. Das Vorhaben gilt als weltweit einzigartig: Während andere Regierungen KI bisher lediglich zur Effizienzsteigerung nutzen, soll sie in den VAE aktiv an der Gesetzgebung mitwirken.
"Dieses neue gesetzgeberische System, das auf künstlicher Intelligenz basiert, wird die Art und Weise verändern, wie wir Gesetze gestalten – schneller und präziser", sagt der Herrscher von Dubai und Vizepräsident der VAE, Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, laut staatlichen Medien und bei Linkedin.
KI soll Gesetzesänderungen vorschlagen
Kernstück des Plans ist der Aufbau einer umfassenden Dateninfrastruktur, die föderale und lokale Gesetzestexte mit öffentlichen Verwaltungsdaten wie Gerichtsurteilen und Behördendiensten kombiniert. Auf dieser Basis soll die KI regelmäßig Änderungen und Aktualisierungen bestehender Gesetze vorschlagen.
Ziel ist ein dynamisches, anpassungsfähiges Rechtssystem, das mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung Schritt hält. Für die Umsetzung wurde eine neue Behörde geschaffen: das "Regulatory Intelligence Office". Es soll die technische und rechtliche Umsetzung der KI-gestützten Gesetzgebung koordinieren.
Ebenso wird das System mit globalen Politikforschungszentren vernetzt, um die nationale Gesetzgebung mit internationalen Standards abzugleichen. Die Regierung erhofft sich davon eine bessere Anpassung an bewährte globale Modelle und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Rechtsordnung.

Die VAE erwarten, dass der Einsatz von KI den Gesetzgebungsprozess um bis zu 70 Prozent beschleunigt – insbesondere durch Effizienzgewinne bei Analyse, Entwurf, Bewertung und Umsetzung von Gesetzen. Der Prozess soll ressourcenschonend gestaltet werden: Die KI ersetzt angeblich aufwendige manuelle Recherchen und ermöglicht schnellere Gesetzesreformen.
Der Einsatz von KI in der Gesetzgebung ist besonders kritisch, da rechtliche Entscheidungen weitreichende gesellschaftliche Auswirkungen haben und ein hohes Maß an Kontextverständnis, ethischer Abwägung und juristischer Interpretation erfordern. Darüber hinaus bestehen Risiken durch Verzerrungen in den Trainingsdaten, die zu diskriminierenden oder fehlerhaften Gesetzesvorschlägen führen können.
Geopolitik, Investitionen und strategische Positionierung
Die Initiative ist Teil eines übergreifenden Plans zur Digitalisierung staatlicher Prozesse. Die VAE investieren massiv in KI-Infrastruktur und -Forschung: Mit dem 2023 gegründeten Investmentvehikel MGX investieren die VAE massiv in den KI-Sektor. MGX unterstützt unter anderem einen 30-Milliarden-Dollar-Infrastrukturfonds von Blackrock und Elon Musks xAI.
MGX wird von Scheich Tahnoon bin Zayed al-Nahyan beaufsichtigt, der auch für die KI-Firmengruppe G42 verantwortlich ist. G42 unterhält Partnerschaften mit OpenAI, Microsoft und Cerebras.
Die Vereinigten Arabischen Emirate gelten laut einer PwC-Studie derzeit als Technologieführer im Nahen Osten. Ihr Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt durch KI könnte bis 2030 auf 96 Milliarden US-Dollar steigen.