KI in der Praxis

Webstatistiken zeigen, dass der generative KI-Boom vor allem ein ChatGPT-Hype ist

Matthias Bastian
Generative KI soll die Arbeitswelt in vielen Bereichen verändern, aber Webstatistiken zeigen, dass der Sektor von ChatGPT dominiert wird.

Midjourney prompted by THE DECODER

Generative KI soll die Arbeitswelt in vielen Bereichen verändern, aber Webstatistiken zeigen, dass der Sektor von ChatGPT dominiert wird.

Das zeigt eine Analyse der Webseitenaufrufe verschiedener GenAI-Angebote über Similarweb von a16z. Unter den Top 50 der "GenAI"-Webanwendungen liegt ChatGPT mit einem Anteil von 60 Prozent des gesamten Traffics mit großem Abstand an erster Stelle.

Top 50 GenAI-Apps. ChatGPT führt mit großem Abstand. | Bild: a16z

Auf den Plätzen zwei und drei folgen die eher zur Unterhaltung genutzte Chat-App "Character AI" und Googles Chatbot Bard. Der Abstand zu ChatGPT ist allerdings so groß, dass die zweit- und drittplatzierte GenAI-App bereits kaum noch eine Rolle spielen.

ChatGPT und dann lange nichts. | Bild: a16z

Berücksichtigt man, dass viele textbasierte GenAI-Anwendungen wie Poe oder Perplexity.ai auf OpenAI-Technologie basieren, zeigt dies die enorme Dominanz der ChatGPT-Firma in einem begrenzten Markt.

ChatGPT ist immer noch ein kleines Phänomen

Setzt man wiederum den ChatGPT-Traffic in Relation zu populären Webplattformen, relativiert sich die Reichweite des Phänomens GenAI. Auch wenn der Vergleich hinkt, da Plattformen wie WhatsApp oder YouTube einem ganz anderen Zweck dienen, zeigt die Statistik doch, dass ChatGPT als Gigant innerhalb von GenAI insgesamt ein eher kleines Phänomen ist, etwa auf dem Niveau des Traffics von Yahoo oder Canva.

ChatGPT liegt auf Platz 24 der weltweit beliebtesten Webseiten. | Bild: a16z

Was sagt uns diese Statistik? Dass ChatGPT und Generative KI trotz eines Raketenstarts immer noch eher Nischenphänomene sind. Die Werkzeuge sind für viele Menschen bereits nützlich, aber in vielen Bereichen noch auf der Suche nach einem festen Platz. Zudem wird ihre Kosten-Nutzen-Relation zunehmend kritisch hinterfragt, auch vor Gericht.

Warten auf die nächste Generation GenAI

Ob der aktuelle Hype und die Prophezeiungen über die massiven Auswirkungen der generativen KI auf unser Leben und Arbeiten übertrieben sind, wird sich zeigen, wenn die Next-Gen-Modelle (Gemini, GPT-5, Claude 3, ...) auf den Markt kommen.

Werden sie fünf oder zehn Prozent besser sein? Dann werden große Sprachmodelle und andere generative KI-Systeme ein nützliches Werkzeug bleiben, das die eine oder andere Text- oder Bildarbeit erweitern, beschleunigen oder erleichtern und beim kreativen Denken helfen kann.

Also das, was sie heute schon können, nur etwas besser, effizienter. Das ist nützlich, aber es wird die Welt nicht verändern.

Oder erleben wir wieder Leistungssprünge wie von GPT-2 zu GPT-3 oder noch steiler? Dann dürften in der Tat viele Berufe, die primär mit Denken, Wort und Bild ihr Geld verdienen, vor grundlegenden Veränderungen stehen. Das ist meine Einschätzung als jemand, der sein Geld hauptsächlich mit Worten verdient.

Bis dahin sind GPT-4, Midjourney und Co. für mich Werkzeuge, die mir die tägliche Arbeit etwas erleichtern oder im Falle von Midjourney und Co. neue kreative Möglichkeiten eröffnen. GenAI-Systeme unterstützen mich in meiner Arbeit, aber meine Arbeit bleibt die gleiche.

Mit Text-Tools beschäftige ich mich mit Themen wie Skalierung (Mehrsprachigkeit, Frequenz) und einfachen Textaufgaben, die festen Mustern folgen (Zusammenfassungen, Social Media) oder von schneller Kreativität auf Basis vorhandener Inhalte profitieren (Überschriftenvorschläge, Sprachbilder, Korrekturen). Ich benutze sie wie einen Taschenrechner für Wörter. Mit Bild-KI-Systemen kann ich trotz kleiner Budgets eine eigenständige, individuelle Bildsprache entwickeln und Ideen visualisieren.

Generell denke ich, dass die heutigen generativen KI-Systeme eher Menschen in die Lage versetzen, Aufgaben, die sie sonst nicht oder nur mit großem Aufwand erledigen könnten, auf einem ordentlichen Niveau zu erledigen, als dass sie Menschen, die etwas bereits hervorragend können, dabei helfen, dies noch besser zu machen.

Für mich als Redakteur ist übrigens nicht ChatGPT das wichtigste Werkzeug, sondern DeepLWrite mit seinen schnellen, mehrsprachigen Korrekturvorschlägen. Es hat die Art und Weise, wie und für wen ich Texte schreibe, stark verändert.

Quellen: