ChatGPT hat das Potenzial, die Arbeit von Schüler:innen und Studierenden erheblich zu beschleunigen und vielleicht sogar den Inhalt zu verbessern. Es gibt jedoch auch Bedenken, sowohl von denjenigen, die KI-Tools für ihre Texte verwenden, als auch von denjenigen, die diese Texte lesen und bewerten müssen.
Als das Unternehmen OpenAI Ende 2022 sein neues Programm für Künstliche Intelligenz, ChatGPT, auf den Markt brachte, begannen sich Pädagog:innen Sorgen zu machen. ChatGPT konnte Texte erzeugen, die aussahen, als hätte ein Mensch sie geschrieben. Wie sollten Lehrkräfte erkennen, ob Schüler:innen Texte von einem KI-Chatbot generieren lassen, um bei einer schriftlichen Aufgabe zu schummeln?
Als Linguistin, die die Auswirkungen der Technologie untersucht, wie Menschen lesen, schreiben und denken, glaube ich, dass es neben dem Betrug noch andere, ebenso dringende Bedenken gibt. Dazu gehört die Frage, ob KI ganz allgemein die Schreibfähigkeiten von Schüler:innen bedroht, der Wert des Schreibens als Prozess und die Bedeutung des Schreibens als Mittel zum Denken.
Im Rahmen der Recherchen für mein neues Buch über die Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf das menschliche Schreiben habe ich junge Erwachsene in den USA und in Europa Fragen im Zusammenhang mit diesen Auswirkungen gestellt. Sie berichteten von einigen Bedenken darüber, wie KI-Tools ihre Arbeit als Textschaffende untergraben können. Wie ich in meinem Buch anmerke, sind diese Bedenken jedoch schon seit langem in der Entstehung.
Benutzer sehen negative Auswirkungen
Tools wie ChatGPT sind nur das jüngste einer Reihe von KI-Programmen zur Bearbeitung oder Erstellung von Texten. Die Gefahr, dass KI sowohl die Schreibfähigkeiten als auch die Motivation, selbst zu schreiben, untergräbt, besteht schon seit Jahrzehnten.
Zu den bekanntesten KI-gesteuerten Bearbeitungswerkzeugen gehören die Rechtschreibprüfung und inzwischen auch ausgefeilte Grammatik- und Stilprogramme wie Grammarly und Microsoft Editor. Sie korrigieren Rechtschreibung oder Zeichensetzung und erkennen zudem Grammatikfehler oder schlagen alternative Formulierungen vor.
Zu den Entwicklungen der KI in der Texterstellung gehören die automatische Vervollständigung von Online-Suchen und die Textvorhersage. Gibt man bei Google "war rom" ein, erhält man eine Liste mit Auswahlmöglichkeiten wie "Wurde Rom an einem Tag erbaut? Bei der Eingabe von "ple" in eine Textnachricht werden "please" und "plenty" vorgeschlagen. Diese Werkzeuge mischen sich unaufgefordert in unsere Schreibbemühungen ein und fordern uns ständig auf, ihren Vorschlägen zu folgen.
Die jungen Erwachsenen, die an meinen Umfragen teilnahmen, schätzten die KI-Unterstützung bei der Rechtschreibung und Wortvervollständigung, aber sie erwähnten auch negative Auswirkungen. Ein Befragter sagte: "Wenn man sich auf ein Textvorhersageprogramm verlässt, verliert man irgendwann seine Rechtschreibfähigkeiten". Ein anderer merkte an, dass "Rechtschreibprüfung und KI-Software [...] von Menschen genutzt werden können, die es sich einfacher machen wollen".
Ein Befragter sprach von Faulheit, wenn man sich auf Texterkennung verlässt: "Es ist in Ordnung, wenn ich mich besonders faul fühle."
Persönlicher Ausdruck beeinträchtigt
KI-Tools können sich auch auf die Schreibstimme einer Person auswirken. Eine Person sagte in meiner Umfrage, dass sie mit der Textvorhersage nicht das Gefühl hat, dass sie es geschrieben habe.
Ein britischer Gymnasiast äußerte die gleiche Sorge über den individuellen Schreibstil, als er Grammarly beschrieb: "Grammarly kann den Schülern ihre künstlerische Stimme nehmen. ... Anstatt ihren eigenen, einzigartigen Stil beim Schreiben zu verwenden, kann Grammarly diesen den Schüler:innen abnehmen, indem es gravierende Änderungen an ihrer Arbeit vorschlägt."
Ähnlich äußerte sich der Philosoph Evan Selinger, der befürchtete, dass das Predictive Texting die Kraft des Schreibens als geistige Aktivität und persönliche Ausdrucksform einschränkt.
"Die prädiktive Technologie ermutigt uns, nicht zu sehr über unsere Worte nachzudenken, und verändert so auf subtile Weise, wie wir miteinander interagieren", schrieb Selinger. "Wir geben anderen mehr Algorithmus und weniger von uns selbst. ... Automation ... kann uns vom Denken abhalten."
In gebildeten Gesellschaften ist das Schreiben seit langem als eine Möglichkeit anerkannt, den Menschen beim Denken zu helfen. Viele haben den Kommentar der Autorin Flannery O'Connorzitiert: "Ich schreibe, weil ich nicht weiß, was ich denke, bis ich lese, was ich sage."
Auch eine Reihe anderer bekannter Schriftsteller, von William Faulkner bis Joan Didion, haben sich in diesem Sinne geäußert. Wenn die KI-Texterzeugung unser Schreiben für uns übernimmt, verringern wir die Möglichkeiten, selbst über Probleme nachzudenken.
Eine unheimliche Folge der Verwendung von Programmen wie ChatGPT zur Generierung von Sprache ist, dass der Text grammatikalisch perfekt ist. Ein fertiges Produkt. Es stellt sich heraus, dass das Fehlen von Fehlern ein Zeichen dafür ist, dass wahrscheinlich eine Künstliche Intelligenz und nicht ein Mensch den Text geschrieben hat, denn selbst erfahrene Autor:innen und Redakteur:innen machen Fehler. Menschliches Schreiben ist ein Prozess. Wir hinterfragen, was wir ursprünglich geschrieben haben, wir schreiben um oder fangen manchmal ganz von vorn an.
Herausforderungen in der Schule
Bei Schreibaufträgen in der Schule findet idealerweise ein ständiger Dialog zwischen Lehrer und Schüler statt: Diskutiert, worüber der Schüler schreiben möchte. Tauscht erste Entwürfe aus und kommentiert sie. Dann ist es Zeit für den Schüler, den Text zu überdenken und zu überarbeiten.
Aber diese Praxis findet oft nicht statt. Die meisten Lehrer:innen haben nicht die Zeit, eine gemeinsame redaktionelle - und pädagogische - Rolle zu übernehmen. Außerdem fehlt es ihnen vielleicht an Interesse, an den notwendigen Fähigkeiten oder an beidem.
Gewissenhafte Schüler:innen übernehmen manchmal Aspekte des Prozesses selbst - so wie es professionelle Autor:innen normalerweise tun. Die Versuchung, sich auf Editier- und Texterstellungstools wie Grammarly und ChatGPT zu stützen, macht es jedoch allzu leicht, fertige technologische Ergebnisse durch Gelegenheiten zum Denken und Lernen zu ersetzen.
Pädagog:innen machen sich Gedanken darüber, wie man die KI-Schreibtechnologie sinnvoll einsetzen kann. Einige weisen auf das Potenzial der KI hin, das Denken anzuregen oder die Zusammenarbeit zu fördern. Vor dem Erscheinen von ChatGPT wurde eine frühere Version desselben zugrundeliegenden Programms, GPT-3, von kommerziellen Unternehmen wie Sudowrite lizenziert. Die Benutzer:innen konnten einen Satz eingeben und dann die Software auffordern, weitere Wörter hinzuzufügen, was die Kreativität des Schreibers anregen kann.
Ein schwindender Sinn für Eigentum
Doch die Grenze zwischen Zusammenarbeit und Übergriffigkeit ist fließend. Die Schriftstellerin Jennifer Lepp gibt zu, dass sie sich zunehmend auf Sudowrite verließ und der resultierende Text sich nicht mehr wie ihrer anfühlte. "Es war sehr unangenehm, auf das, was ich geschrieben hatte, zu schauen und sich nicht wirklich mit den Worten oder Ideen verbunden zu fühlen."
Studierende wissen noch weniger als erfahrene Autor:innen, wo die Grenze zwischen einer Schreibhilfe und der Übernahme von Inhalt und Stil durch einen KI-Textgenerator zu ziehen ist.
Da die Technologie immer leistungsfähiger und allgegenwärtiger wird, gehe ich davon aus, dass sich die Schulen bemühen werden, den Schüler:innen die Vor- und Nachteile der generativen KI zu erläutern. Die Verlockung der Effizienz kann es jedoch schwer machen, einer KI zu widerstehen, die eine Schreibaufgabe aufpoliert oder einen Großteil des Schreibens für einen selbst übernimmt. Programme zur Rechtschreib- und Grammatikprüfung sowie zur automatischen Vervollständigung haben den Weg bereits geebnet.
Schreiben als menschlicher Prozess
Ich habe ChatGPT gefragt, ob es eine Bedrohung für die Motivation der Menschen zum Schreiben darstellt. Die Antwort des Bots:
Es wird immer eine Nachfrage nach kreativen, originellen Inhalten geben, die die einzigartige Perspektive und den Einblick eines menschlichen Autors erfordern.
Er fuhr fort: "Schreiben dient vielen Zwecken, die über die bloße Erstellung von Inhalten hinausgehen, wie Selbstdarstellung, Kommunikation und persönliches Wachstum, was die Menschen weiterhin zum Schreiben motivieren kann, auch wenn bestimmte Arten des Schreibens automatisiert werden können."
Ich fand es ermutigend, dass das Programm anscheinend seine eigenen Grenzen anerkannte.
Ich hoffe, dass Pädagog:innen und Schüler:innen das auch schaffen werden. Der Zweck von Schreibaufträgen muss mehr sein als die Abgabe einer Arbeit für eine Note. Das Verfassen einer schriftlichen Arbeit sollte eine Reise sein, nicht nur ein Ziel.