Mit DeepFaceLive können sich Nutzer und Nutzerinnen während eines Live-Streams oder in Video-Calls ein anderes Gesicht aufziehen. Das kann täuschend echt wirken.
DeepFaceLive für Windows 10 setzt auf der bislang erfolgreichsten Deepfake-Anwendung DeepFaceLab 2.0 auf. Mit dem KI-Modell von DeepFaceLab 2.0 können Nutzer:innen eigene Algorithmen trainieren für einen individuellen Gesichtertausch. Je länger das KI-Training läuft und umso mehr Gesichtsdaten der Algorithmus sieht, desto besser das Ergebnis.
Ein Hauptakteur hinter DeepFaceLab ist der russische Entwickler Ivan Petrov. Von ihm stammt auch die Live-Implementierung des KI-Modells in DeepFaceLive. Beide Programme sind als Open Source bei Github frei verfügbar und werden von der Community weiterentwickelt.
DeepFaceLive: Gesichtertausch in Live-Videos
DeepFaceLive kommt mit einigen vortrainierten Algorithmen für den Gesichtertausch. Mitgeliefert wird das der US-Schauspielerin Margot Robbie, die seit dem Aufkommen der Technologie Opfer von Deepfakes ist.
Die Entwickelnden stellen ein Update mit dem britischen Komiker Rowan Atkinson in Aussicht, die ohnehin äußerst beliebte Deepfake-Vorlage Tom Cruise wurde ebenfalls schon gesehen. Ein Arnold Schwarzenegger-Deepfake ist bereits bei TikTok aktiv.
Weitere mit Gesichtern berühmter Persönlichkeiten vortrainierte Algorithmen tauschen DeepFaceLive-Nutzer:innen in Foren oder bei Discord aus. Das Gesichtertraining läuft über DeepFaceLab 2.0 (Anleitung).
Für einen besseren Gesichtertauscheffekt kann der DeepFaceLive-Algorithmus mit dem eigenen Gesicht trainiert werden. Generell gelingt die Täuschung jedoch am besten, wenn das Originalgesicht in Grundzügen schon eine Ähnlichkeit zum Tauschgesicht aufweist.
In jedem Fall benötigt DeepFaceLive für das Echtzeit-Rendering einen schnellen Rechner, schneller noch als DeepFaceLab, aber keinen Supercomputer. Ein gut ausgerüsteter, aktueller Gaming-PC sollte reichen.
Echtzeit-Deepfakes: Spaß in Streams – oder für den Online-Betrug
Ein Anwendungsszenario für DeepFaceLive sind Live-Streams bei Twitch und Co. – Streamer könnten als fremde Person im eigenen Live-Stream auftreten, etwa um ihre wahre Identität zu verschleiern oder für die Unterhaltung.
Das folgende Bild veranschaulicht den Gesichtertausch erneut am Beispiel von Margot Robbie: Der Live-Deepfake ist qualitativ schlechter als herkömmliche Deepfakes, weil Effekte wie Maskierung noch nicht verfügbar sind. Auf dem letzten Bild ragt daher das Mikrofon in die Wange. Unter optimalen Bedingungen (Licht, Kamerawinkel, wenig Bewegung) kann aber auch der Live-Deepfake schon täuschend echt wirken.
Der Live-Gesichertausch könnte auch bei Streams mit pornografischen Inhalten eingesetzt werden, zum Beispiel für einschlägige Webcam-Angebote. Hier könnten Echtzeit-Deepfakes Schaden für die Personen anrichten, denen das Deepfake-Gesicht im echten Leben gehört: Sie würden in pornografischen Inhalten gesehen, an denen sie nie beteiligt waren.
Dieses Szenario ist bereits von herkömmlichen Deepfakes bekannt, bei DeepFaceLive kommt zusätzlich der Live-Faktor hinzu, der aber womöglich eher entlastend wirkt: Das Live-Video ist (derzeit noch) leichter als Fälschung erkennbar als ein vorgerendeter Deepfake.
Außerdem öffnet DeepFaceLive betrügerischen Video-Anrufen Tür und Tor, wenn sich Kriminelle etwa das Gesicht von Firmenchefs anziehen, in der Buchhaltung durchklingeln und eine schnelle Überweisung einfordern. Ähnliche Fälle gab es schon mit Audio-Deepfakes – das visuelle Element könnte die Überzeugungskraft solcher Betrugsversuche stärken.
Noch sind Live-Deepfakes dafür technisch nicht ausgereift genug, allerdings ist die Deepfake-Entwicklung der letzten Jahre derart rasant, dass das beschriebene Szenario keine Science-Fiction ist. Das folgende Video zeigt die Installation und Anwendung von DeepFaceLive.