Der chinesische Internetkonzern Alibaba stellt mit Tongyi Qianwen einen ChatGPT-ähnlichen Chatbot für chinesische Unternehmen und Konsument:innen vor. Wenige Stunden präsentiert die chinesische Regierung strenge Regeln für generative KI.
Alibabas Tongyi Qianwen soll insbesondere für Geschäftsanwendungen eingesetzt werden und die Cloud-Anwendungen von Alibaba steuern. Zunächst sollen chinesische Geschäftskunden Zugang zu der Innovation erhalten.
"Wir befinden uns an einem technologischen Wendepunkt, der durch generative KI und Cloud Computing vorangetrieben wird, und Unternehmen aller Branchen haben begonnen, die Intelligenztransformation zu nutzen, um im Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein", sagt Daniel Zhang, Chairman und CEO der Alibaba Group und CEO von Alibaba Cloud Intelligence.
Business-Meetings bis hin zu Gutenachtgeschichten werden automatisiert
Die Business-App "DingTalk" kann dank Tongyi Qianwen Meetings automatisch in Text umwandeln, Besprechungsnotizen zusammenfassen, E-Mails oder Angebote schreiben oder Marketingkampagnen planen. Dazu genügen wie bei ChatGPT und Co. einfache Textbefehle, sogenannte Prompts.
Alibaba verweist auf die Möglichkeit, mit DingTalk aus einer auf Papier notierten Idee eine Anwendung zu entwickeln. Eine ähnliche Demonstration zeigte OpenAI, als es die Codefähigkeiten von GPT-4 enthüllte.
Die Siri-ähnliche Anwendung "Tmall Genie" soll mithilfe von Tongyi Qianwen lebhaftere Gespräche führen und beispielsweise Kindergeschichten generieren, gesunde Rezepte aufschreiben, Reisetipps geben oder automatisch die passende Musik zum Sport auswählen.
Tongyi Qianwen basiert auf Tongyi, Alibabas eigenem Framework für vortrainierte Modelle, das verschiedene KI-Modelle kombiniert, darunter auch Modelle, die Text in Bilder und kurze Videos umwandeln können. Wie GPT-4 soll auch Tongyi Qianwen in Zukunft um multimodale Fähigkeiten wie Text-zu-Bild und Bildverständnis erweitert werden.
Neben Alibaba haben auch das Überwachungsunternehmen SenseTime und der Internetkonzern Baidu erste große chinesische KI-Sprachmodelle vorgestellt.
Auch Chatbots müssen dem System dienen
Kurz nach der Enthüllung von Tongyi Qianwen stellte die chinesische Cyberspace-Regulierungsbehörde ihre Regeln für große generative KI-Modelle vor. Eine Regel: Nutzerinnen und Nutzer müssen sich identifizieren, damit ihre Aktivitäten verfolgt werden können.
Darüber hinaus müssen die Anbieter die Verantwortung für die Trainingsdaten und die politische und soziale Ausrichtung der Modelle übernehmen. Jedes Modell wird vor der Veröffentlichung einer Sicherheitsüberprüfung durch die Regierung unterzogen.
Außerdem verbietet die Regierung die Generierung von Inhalten, die
- die Staatsmacht untergraben,
- zum Sturz des sozialistischen Systems aufrufen,
- zur Spaltung des Landes beitragen,
- oder die nationale Einheit untergraben.
Die restriktive Haltung der Regierung zeigt sich bereits in den Angeboten zu generativer chinesischer KI: Während Microsoft und OpenAI öffentliche Betatests durchführen und dabei in Kauf nehmen, dass ihre Chatbots übertrieben emotional reagieren oder politisch tendenziös sind, müssen chinesische Tech-Konzerne deutlich vorsichtiger agieren und den schmalen Grat zwischen Zensur und Innovation balancieren.
Der Chatbot Ernie von Baidu beispielsweise vermeidet kritische Themen und Fragen über den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Bei einer ersten öffentlichen Präsentation blieb Ernie hinter westlichen Konkurrenten wie ChatGPT zurück, was auch mit den starken Reglementierungen zu tun haben könnte.
