WaveSense will mit einem Bodenradar herkömmliche Systeme zum autonomen Fahren ergänzen und deren Schwachstellen beheben. Wie funktioniert das Ground Penetrating Radar?
Damit sich selbstfahrende Autos im Straßenverkehr zurechtfinden, benötigen sie präzises Kartenmaterial ihrer Umgebung. Hersteller fahren deshalb Millionen von Kilometern mit sogenannten „Mapping Cars“ ab. Sie sind ähnlich wie die Robo-Autos selbst mit einer Kombination aus mehreren Kameras, Radar- und Lidar-Sensoren ausgestattet.
Die daraus resultierenden hochauflösenden HD-Karten nutzt das KI-System eines autonom fahrenden Autos als Grundlage zur Navigation und erweitert es mit den selbst eingefangenen Echtzeit-Umgebungsdaten.
Aktuelle Systeme mit Lidar-Sensoren können bis zu 300 Meter in alle Richtungen sehen. Erst kürzlich stellte das kalifornische Start-up AEye einen Lidar mit enormer Reichweite vor. Der „iDAR 4 Sight M-Sensor“ soll mehr als 1.000 Meter erreichen.
Obwohl die Systeme große Sprünge machen und laut einer Waymo-Studie schon jetzt in der Lage sind, tödliche Unfälle zu verhindern, sind sie noch nicht perfekt. Chaotische Wetterlagen wie Schneestürme oder Hagel bereiten den Sensoren Schwierigkeiten. Zudem brauchen sie ordentlich beschilderte und strukturierte Straßen.
Fahrtwege mit unbefestigtem Untergrund wie Feldwege oder alte Land- und Bergstraßen sowie schneebedeckte Fahrbahnen gelten nicht unbedingt als das Lieblingsterrain autonomer Fahrzeuge und deren Mapping Cars. Ein Start-up aus dem US-Bundesstaat Massachusetts will das ändern. Dessen Radarsensor soll präzises Kartenmaterial bei jeder Wetterlage und Fahrbahnstruktur liefern.
Ground Penetrating Radar: Wie der Boden zum Navi wird
Das amerikanische Start-up WaveSense nutzt einen Bodenradar, der durch Kameras, Radars und Lidars gesammelte Umgebungsdaten der Oberfläche ergänzen soll. Das „Ground Penetrating Radar (GPR)“ sendet elektromagnetische Impulse direkt in den Boden unter der Straße.
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GPR misst dabei einzigartige Reflexionen von Erde, Steinen, Wurzeln oder Rohren und Veränderungen der Bodeneigenschaften tief unter der Straßenoberfläche. Aus diesen Reflexionen unterirdischer Merkmale erstellt das System eine ergänzende Basiskarte für autonom fahrende Vehikel.
WaveSense hat laut Angaben des Herstellers eine Lokalisierungsgenauigkeit im Zentimeterbereich auf unbefestigtem Gelände, in Parkhäusern, auf Straßen ohne Fahrbahnmarkierungen und sogar während eines Schneesturms.
Die Technologie zur Kartierung des Untergrundes wurde ursprünglich am MIT für militärische Zwecke entwickelt. Militärfahrzeuge gleichen beispielsweise ihre Echtzeit-Radarmessungen mit den zuvor durch GPR erhobenen Daten ab. Dadurch gelingt es ihnen, auch bei schwierigen Wetterlagen auf ihren Routen zu bleiben.
GPR: Klein, leicht und günstig
Das Radargerät von WaveSense wird an der Unterseite des Fahrzeugs montiert und kann aufgrund seiner geringen Größe in bestehende Fahrzeugdesigns integriert werden. Laut WaveSense gleicht der Sensor in Maß und Form etwa zwei aufeinandergelegten Laptops und kostet nur einen Bruchteil anderer autonomer Fahrsysteme.
WaveSense will mit seinem Bodenradar mögliche Schwächen bestehender Systeme mit Kameras, Lidars und GPS-Signalen ausgleichen. Besonders dort, wo Straßenmarkierungen fehlen, die Lichtverhältnisse schwach oder die Wetterverhältnisse ungünstig seien, liefere GPR eine Extraschicht an Sensordaten für eine bessere Orientierung.
Ende März erhielt das Start-up ein Investment in Höhe von 15 Millionen US-Dollar. Zu den Geldgebern zählen Rhapsody Venture Partners und Impossible Ventures. CEO Tarik Bolat verkündete, die Mittel umgehend in die Weiterentwicklung des Systems stecken zu wollen.
Erst im Sommer letzten Jahres sicherte sich WaveSense den ehemaligen Ford-Chef Joe Hinrichs als Teil des Aufsichtsrats. Im Beirat sitzen Branchengrößen wie der frühere General Motors CFO Charles K. Stevens sowie Kurt Lehmann, ehemaliger CTO der Continental AG.
Titelbild & Quelle: WaveSense