KI in der Praxis

Clearview AI plant mit neuen KI-Tracking-Funktionen und großen Kunden

Matthias Bastian
Eine Frau schaut in die Kamera, ein rotes Fadenkreuz, das sie abscannt, liegt auf ihrem Gesicht.

Cottonbro / Pexels

Das Überwachungsunternehmen Clearview AI will wachsen und die Gesichtstrackingtechnologie mit KI verbessern: Gesichter sollen unabhängig ihres Alters identifizierbar werden, auch dann, wenn im Original nur ein altes Bild zum Abgleich in der Datenbank vorliegt.

Clearview will weiter wachsen: Derzeit arbeiten größtenteils remote rund 50 Angestellte bei dem US-Überwachungsunternehmen. In diesem Jahr sollen bis zu 18 Personen hinzukommen. Das Entwicklungsteam soll von 7 auf 12 Mitarbeitende wachsen. Forschungsleiter ist der Computerwissenschaftler Terence Liu.

Clearview AI will größere Verträge

Wegen der kontrovers diskutierten Überwachungs-App, die zum Teil illegal von Behörden eingesetzt wird, wurde Clearview AI trotz der geringen Größe und überschaubarer Umsätze viel Aufmerksamkeit zuteil. Die Berichterstattung brachte dem Unternehmen zwar international Kritik und Verfahren mit Datenschutzbehörden ein - aber auch Rückenwind bei der Kundensuche.

Clearview CEO Hoan Ton-That sieht Wachstumspotenzial insbesondere im Geschäft mit Behörden. Diese würden Clearview AI aus seiner Sicht erfolgreich einsetzen, aber hätten nur Verträge im fünf- bis sechsstelligen Bereich abgeschlossen. Ziel sei es, in den sieben- bis achtstelligen Bereich vorzudringen.

Neben Behörden ist das US-Militär Kunde von Clearview, das außerdem Unternehmen für sich gewinnen möchte, die im Rahmen der "Gig Economy" günstige Arbeitskräfte überwachen wollen.

Tracking ohne Altersgrenzen

Ton-That kündigte bereits mehrfach an, dass die eigene Datenbank mit Personenbildern weiter wachsen und zusätzlich durch neue KI-Trackingmethoden erweitert werden soll. Schlecht erkennbare Bilder oder etwa Bilder von Personen mit Maske könnten von KI-gestützter Bildbearbeitung automatisch so umgearbeitet werden, dass sie identifizierbares Material bieten.

Jetzt nennt Ton-That KI-Bildbearbeitung für ein weiteres Anwendungsszenario: Entsprechende Systeme, die schon in Varianten als Smartphone-AR-Filter existieren (siehe Bild), sollen Personen auf Fotos als ältere oder jüngere Version berechnen. So könnten Behörden etwa bei einer Strafverfolgung einer länger zurückliegenden Tat versuchen, ein älteres Gesicht einem jüngeren zuzuordnen.

KI-gestützte Bildfilter können Personen glaubhaft älter oder jünger rendern. Ob diese algorithmischen Visualisierungen die Realität widerspiegeln, kann allerdings erst die Rückschau zeigen. | Bild: Snap / MIXED

Die Betonung liegt auf "versucht werden": Clearview AI bietet zwar eine im Vergleich zu anderen Gesichtstrackingsystemen hohe Genauigkeit, ist aber nicht fehlerfrei. Das zeigt etwa die unrechtmäßige Inhaftierung von Nijeer Parks.

Durch KI bearbeitete Bilder, also letztlich Interpretationen eines Algorithmus, könnte diese Fehlerrate steigern und daher nicht praktikabel sein. Bis zu 100 Milliarden Bilder will das Unternehmen in den kommenden Jahren im Original sammeln und in der eigenen Datenbank speichern.

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