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Statt wie versprochen offene KI-Modelle für die Menschheit zu entwickeln, ist OpenAI in den Augen des Mitbegründers Elon Musk ein verlängerter Arm von Microsoft - und GPT-4 bereits eine frühe AGI.

Der Tech-Unternehmer Elon Musk verklagt den ChatGPT-Entwickler OpenAI, weil das US-Unternehmen seiner Meinung nach gegen die Vereinbarung verstoßen hat, die er bei der Gründung mit CEO Sam Altman und Präsident Greg Brockmann getroffen hatte.

OpenAI sei als offener und gemeinnütziger Gegenpol vor allem zum kommerziellen und geschlossenen Google gedacht gewesen, werde diesem Anspruch aber nicht gerecht. Statt offene Technologien zum Wohle der gesamten Menschheit zu entwickeln, sei OpenAI nun eine Abteilung unter der Führung von Microsoft.

GPT-4 aus dem Jahr 2023 könne nicht nur gut schlussfolgern ("reasoning"), sondern dies sogar besser als der durchschnittliche Mensch. Diese Behauptung stimmt so nicht, wie Benchmarks wie GAIA zeigen. Die Anklage kritisiert auch, dass es keine wissenschaftlichen Veröffentlichungen von OpenAI gibt, die das Design von GPT-4 beleuchten, sondern nur Pressemitteilungen, die "seine Leistung anpreisen".

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Die zentrale Passage der Schrift folgt kurz darauf: "Darüber hinaus ist GPT-4 nach den vorliegenden Informationen ein AGI-Algorithmus und damit ausdrücklich außerhalb des Anwendungsbereichs von Microsofts Exklusivlizenz mit OpenAI vom September 2020." Im Englischen heißt es konkret "on information and belief", eine Wendung, die eine Aussage bezeichnet, die nicht aus erster Hand stammt, sondern "auf Informationen aus zweiter Hand beruht, die der Erklärende für wahr hält". Damit schützt sich Musk vor dem Vorwurf des Meineids.

Die Frage zu klären, ob GPT-4 tatsächlich eine AGI ist - und was das überhaupt ist - wäre wahrscheinlich auch die Aufgabe einer Jury in einem möglichen Prozess. Laut einer Einstufung von Google DeepMind liegt GPT-4 auf der ersten von fünf möglichen AGI-Stufen. Das Unternehmen schätzt GPT-4 als eine "Emerging AGI" ein.

Der zweite Teil der zentralen Passage zielt auf die Kooperation mit Microsoft und deren Konsequenzen: GPT-4 sei jetzt ein "de facto proprietärer Microsoft-Algorithmus", der über die Office-Suite hinweg integriert würde. Da es sich bei GPT-4 um AGI handele, befände es sich weit außerhalb der im September 2020 vereinbarten Rahmenbedingungen, die lediglich "Vor-AGI"-Modelle abdeckten.

Altman musste OpenAI verlassen

Dabei spielt auch die Episode aus November 2023 eine Rolle, während der CEO Sam Altman das Vertrauen des Vorstands entzogen wurde und das Unternehmen kurzzeitig verlassen musste. Sie endete damit, dass Altman als CEO zurückkehrte und einen neuen Vorstand zusammenstellte. Musk kritisiert, dass es diesem an "substantieller KI-Expertise" mangele und er schlecht ausgerüstet sei, eine unabhängige Entscheidung darüber zu treffen, ob und wann OpenAI AGI erreicht hat - und damit den mit Microsoft getroffenen Vertragsrahmen sprenge.

Nach GPT-4 habe OpenAI Q* (Q-Star) entwickelt, mit einem "noch stärkeren Anspruch auf AGI". Berichte dazu tauchten im Zusammenhang mit Altmans Entlassung auf und wurden als jene Entwicklung angesehen, die der CEO dem Vorstand verschwiegen habe. Genaue Hintergründe dazu fehlen weiterhin, auch Musk bezieht sich lediglich auf die Berichte von Reuters.

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Konkret will Musk mit seiner Klage erreichen, dass OpenAI zu seiner "langen Tradition" zurückkehrt, seine KI-Forschung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Außerdem soll das Gericht die schwierige Frage klären, ob GPT-4, Q* oder ein anderes mögliches nächstes großes Sprachmodell von OpenAI den Anforderungen einer AGI genügen und damit außerhalb der Reichweite der Vereinbarung mit Microsoft wären. Dass OpenAI zukünftige Modelle nicht als Open Source veröffentlichen wird, hatte Altman bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht.

Kein Wort zu xAI

Elon Musk hat seit Jahren eine komplexe Beziehung zu OpenAI. Er gehörte 2015 zu den Mitbegründern und war lange Zeit der größte Geldgeber. Im Jahr 2018 zog er sich jedoch aus dem Vorstand zurück, offiziell um Interessenkonflikte mit der KI-Forschung bei Tesla zu vermeiden. In den Jahren nach seinem Rückzug hat Musk die Entwicklung von OpenAI immer wieder kritisch begleitet, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit der entwickelten KI-Modelle.

Im Jahr 2023 gründete er mit xAI, das in der Klageschrift nicht erwähnt wird, einen Gegenspieler zu OpenAI, mit dem Ziel, ein superintelligentes KI-System zu schaffen, das komplexe wissenschaftliche und mathematische Probleme lösen kann. Bisher ist sein Sprachmodell Grok allerdings eher auf dem Niveau von GPT-3.5. Auch für Grok gibt es bisher weder ein wissenschaftliches Paper, noch ist das Modell offen oder gar als Open-Source verfügbar.

Musk ist nicht der einzige, der rechtliche Schritte gegen OpenAI einleitet. Aufsichtsbehörden in der EU und den USA untersuchen Microsofts jüngste Investition in das Unternehmen und prüfen, ob es sich dabei um eine Übernahme handelt. Auch CEO Altman steht im Fokus, weil er Investoren in die Irre geführt haben soll. Außerdem machen Medienunternehmen dem Entwickler von ChatGPT wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen das Leben schwer.

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Zusammenfassung
  • Elon Musk verklagt OpenAI, da er glaubt, dass das Unternehmen seine ursprüngliche Vereinbarung, offene KI-Modelle für die Menschheit zu entwickeln, gebrochen hat und stattdessen als verlängerter Arm von Microsoft agiert.
  • Musk sieht in der Veröffentlichung von GPT-4 im Jahr 2023 einen frühen AGI-Algorithmus, obwohl Benchmarks wie GAIA diese Behauptung nicht bestätigen. Die Lizenz mit Microsoft würde jedoch nur "Vor-AGI"-Technik abdecken.
  • Musk fordert in der Klage, dass OpenAI zu seiner Tradition zurückkehrt, KI-Forschungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und eine gerichtliche Klärung, ob GPT-4 und ein mögliches Q* als AGI gelten und damit außerhalb der Reichweite von Microsoft wären.
Quellen
Jonathan ist Technikjournalist und beschäftigt sich stark mit Consumer Electronics. Er erklärt seinen Mitmenschen, wie KI bereits heute nutzbar ist und wie sie im Alltag unterstützen kann.
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