Codelose Programmierung: Laut Nvidia zeigt GameGAN, wie KI erst die Spieleentwicklung verändern kann - und dann die ganze Welt.
Hinter GameGAN steckt im Kern dieselbe Duplizierungstechnologie wie man sie von Deepfakes kennt: Die KI übernimmt und adaptiert Inhalte anhand von Trainingsdaten. Zwei oder mehr KI-Agenten verbessern dabei gegenseitig ihre Resultate.
Die Besonderheit: Für den Pac-Man-Klon sah Nvidias KI nicht eine Zeile Spiele-Code. Und sie generiert auch keinen.
Stattdessen erstellt die KI neue Pac-Man-Bilder passend zum Tastenanschlag: GameGAN ähnelt daher eher einem interaktiven Videovorhersagesystem als einer klassischen Spiele-Engine mit Logiken. Das komplette KI-Pac-Man wird rein von neuronalen Netzen erstellt.
Damit sich der Spieler dennoch wie bei einer programmierten Pac-Man-Umgebung vor- und zurückbewegen kann, entwickelten die Forscher ein spezielles Speichermodul, das bereits generierte Videobilder im Speicher behält und statische und dynamische Inhalte voneinander trennen kann.
Ohne dieses Speichermodul könnte sich beispielsweise die Form des Labyrinths verändern, während sich der Spieler hindurchbewegt, oder Geister verschwinden und tauchen auf abhängig von der Eingabe des Spielers.
Durch die Trennung von Vorder- und Hintergrund könne das KI-Pac-Man außerdem leicht modifiziert werden: Beispielsweise könne Pac-Man durch Emojis ersetzt werden oder das digitale Labyrinth durch ein Busch-Labyrinth, so Nvidia.
Viel Training für ein Labyrinth
Trainiert wurde GameGAN mit rund 50.000 Stunden Pac-Man-Spielszenen - die übrigens auch von einer Künstlichen Intelligenz vorgespielt wurden. Während des Trainings lernte die KI neben der Grafik auch die Spielregeln.
Trotz des massiven Trainingsaufwands reicht der KI-Pac-Man-Klon technisch nicht an das 40 Jahre alte Originalspiel heran. Die Bildwiederholrate liegt bei 50 statt 60 Bildern pro Sekunde und die Auflösung bei nur 128 x 128 Pixeln. Das Original schaffte 224 x 288 Pixel. Hinzu kommen Ungenauigkeiten bei der Pixel-Platzierung, die für ein leicht verschwommenes Bild sorgen.
Die KI-Version von Pac-Man wirkt trotz der beeindruckenden KI-Generierung insgesamt noch wie eine unfertige Kopie eines Hobby-Programmierers. Hinzu kommt, dass das umfangreiche KI-Training nur für die spielbare Version eines Labyrinths reichte. Nvidia will das spielbare KI-Pac-Man im Sommer veröffentlichen.
Nvidia glaubt an eine Spielerevolution - und mehr
Trotz der technischen Defizite sind Nvidias KI-Forscher zuversichtlich, dass ihre Arbeit den Weg weist in ein neues Zeitalter der Spieleentwicklung.
Künstliche Intelligenz soll Entwicklern als Werkzeug dienen, um beispielsweise basierend auf einem vorhandenen Level neue zu generieren oder um zwei Spiele miteinander zu vermischen. Es existiere eine direkte Verbindung zwischen dem Pac-Man-Experiment und einem GameGAN-System, das ganze Spiele und Simulationen generieren könne.
Nvidias übergeordnetes Ziel ist es, die Fähigkeiten der KI auf die echte Welt anzuwenden: Denkbar wäre ein KI-System, das beispielsweise die Bewegungen von Transportern in einem Lager beobachtet und basierend darauf eigenständige eine Navigations-Software erstellt.
"Eine KI könnte letztlich die Regeln des Fahrens und der Physik nur anhand von Videos duplizieren lernen", sagt Sanja Fidler, KI-Forscherin bei Nvidia. "GameGAN ist ein erster Schritt in diese Zukunft."
Ende 2018 zeigte Nvidia erstmals eine Spiele-KI, die eine interaktive und befahrbare 3D-Stadt in Echtzeit auf Basis von Trainingsvideos für autonome Autos generieren konnte. Hier fehlte allerdings die konkrete Spielmechanik. Außerdem wurden die KI-generierten Straßenzüge in eine klassische Spiele-Engine eingespeist.
Quellen: Forschungspapier, Projektseite, Nvidia, The Verge, Ars Technica