Google entwickelt Künstliche Intelligenz, die sich selbst evolutioniert.
Nehmen wir an, ich müsste das Gehirn eines Babys selbst konstruieren: Welche Neuronen soll ich wie verknüpfen? Wo kommen die Gliazellen hin? Wie soll das Baby lernen?
Meine Nachkommen hätten wahrscheinlich die gleiche Chance auf einen Schulabschluss wie eingeweichtes Brot. Zum Glück hat uns die Evolution diese Arbeit abgenommen.
Anders sieht es in der KI-Forschung aus: Hier werden Architekturen und Lernmethoden noch meist per Hand entwickelt und ausprobiert. Aus diesen Bausteinen wird dann eine KI zusammengesetzt.
Evolution als Master-Algorithmus
Einige Werkzeuge versuchen, den Entwicklungsprozess für Künstliche Intelligenz zu automatisieren. Dazu gehört auch Googles Cloud-Service AutoML.
Doch bisher wählen solche Auto-KI-Werkzeuge bloß zur Aufgabe passende Lernmethoden und Architekturen aus. Besonders fortschrittliche AutoML-Werkzeuge können gerade noch die Architektur ändern. Aber auch hier sind es noch immer vom Menschen geschaffene Bausteine, die neu zusammengesetzt werden.
Forscher von Google Brain gehen jetzt einen Schritt weiter: Sie wollen den Faktor Mensch aus der KI-Entwicklung entfernen. Der neue evolutionäre Algorithmus AutoML-Zero von Google nutzt lediglich eingeschränkte Abitur-Mathekenntnisse, um maschinelle Lernalgorithmen zu erfinden. Er soll auf möglichst wenig menschliches Know-how zurückgreifen.
AutoML-Zero konstruiert aus diesen grundlegenden Mathekenntnissen 100 zufällig generierte Algorithmen und testet anschließend, wie gut sie funktionieren. Die Besten kommen weiter, werden leicht modifiziert und erneut getestet. Algorithmen mit schlechter Leistung werden aussortiert.
AutoML-Zero funktioniert und könnte Neues entdecken
So entstehen nach mehreren Generationen KI-Evolution immer bessere Algorithmen. Googles KI Alpha Zero testete diese experimentellen Formeln mit Standard-KI-Problemen wie etwa der Bildanalyse.
In den Testläufen entdeckte AutoML-Zero bereits bekannte und häufig eingesetzte KI-Techniken, darunter die heute primär eingesetzten künstlichen neuronalen Netze samt verschiedener Optimierungsansätze.
Fun AutoML-Zero experiments: Evolutionary search discovers fundamental ML algorithms from scratch, e.g., small neural nets with backprop.
Can evolution be the “Master Algorithm”? 😉
Paper: https://t.co/lhW3qtxCTM
Code: https://t.co/v1eouPxPHv pic.twitter.com/wZQJimrLid— Quoc Le (@quocleix) March 10, 2020
Das zeigt, dass mit grundlegender Mathematik ausgestattete evolutionäre Künstliche Intelligenz von Menschen entwickelte KI-Techniken erneut entdecken kann. Doch was bringt das?
Die Forscher hoffen, dass AutoML-Zero bisher völlig unbekannte KI-Techniken entwickeln wird. Denn nur mit Mathematik ausgestattet, geht die KI völlig ohne Vorannahmen, wie maschinelles Lernen zu funktionieren hat, auf Formelsuche – ein Privileg, das menschlichen Gehirnen nicht vergönnt ist. Das könnte zu Durchbrüchen in der KI-Forschung führen, wie sie der Mensch nicht entdeckt hätte.
Googles Forscher wollen AutoML-Zero verbessern: Ein optimierter evolutionärer Algorithmus könne die Suche nach neuen Algorithmen beschleunigen. Und erweiterte mathematische Kenntnisse könnten komplexere Netzwerk-Strukturen aufdecken.
Der Quellcode für AutoML-Zero ist als Open Source bei Github verfübgar.
Quelle: Arxiv (Preprint)